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Limited
Länder, Mana und Wahrscheinlichkeiten
Limited Deck: 16, 17 oder 18 Länder ?
von Malte "Balsamo" Wißmann
31.08.2005

Nach zwei mehr oder weniger erfolgreichen Artikel für den Planeten, will ich die Chance nutzen und mich in meinen dritten Artikel etwas vorzustellen.
Mein Name ist Malte Wissmann, ich komme vom schönen Eiland Langeoog, habe in Bielefeld studiert und mache gerade in Basel meinen Doktor.

Ich spiele seit Eiszeiten Magic, damals jedoch nur als Funspieler. Das ganze lief so bis zur Edition Exodus, da nahm ich mal meinen Hut, da sich meine alte Spielgruppe auflöste. Im Nachhinein war das schlechtes Timing, da dann der gute Urzas Block kam.
Nun ja, im Studium konnte ich einen Kommilitonen dann dazu bewegen, ab und zu wieder mit mir die Karten zu drehen. Es kam wie es kommen musste, schnell war der alte Spass am Spiel wieder da und prompt mussten auch wieder neue Karten her. Also begann ich mit Mirrodin wieder aktiv zu werden. Schnell kam ich dann auch zu einem Playset Arcbound Ravager und Tooth and Nail und so musste ich auch schnell auf Turnieren aktiv werden.
Aus der wöchentlichen Fungruppe kristallisierte sich ein Team von 4 Spielern raus, das nun noch zusätzlich regelmäßiges T2 Testing machte. Mit diesen Kollegen ging es dann regelmäßig auf T2 Turniere in OWL und Umgebung, besonders in Lippstadt ging da einiges. Nach Diplom, Bewerbungen und vielen Magic-Spielen musste ich das traute Bielefeld verlassen. Auch mal super Timing, jetzt wo es fast jede Woche FNM in Bielefeld gibt.
So begab ich mich dann nach Basel und in die wunderbaren Gefilde des Limited Spiels. Denn wie jeder weis, die Schweiz zockt Limited!
Um Limited dreht sich auch mein Artikel.... super Überleitung, oder?

Ich will es mal folgendermaßen motivieren:
Jeder kennt das Problem. Man hat einen Haufen zusammen gedraftet, hat eine mehr oder weniger smoothe Manakurve und dennoch weis man nicht so recht, wieviele Länder man spielen will.
Sicher sagt einem jeder, dass es mindestens 17 Länder sein sollten, doch warum ist das so?
Sind nicht 16 oder 18 Länder auch mal optimal?
Wie teile ich die Länder auf die Farben auf?
Wie viel Länder brauche ich für den Splash?
All diese Probleme möchte ich hier thematisieren und durch Wahrscheinlichkeiten belegte Antworten bringen.

Erstmal zur Theorie, soll ich Formeln aufschreiben? Jeder Magicspieler sollte eigentlich Formeln, vor allem statistische, lieben. Schwamm drüber, ich lass sie mal weg.

Also, man stelle sich ein Magicdeck als Urne mit N (z.B. N=40) Kugeln vor. Von diesen N Kugeln sind L Kugeln vom Typ Land, die anderen N-L Kugeln sind nicht Land. Diese Prozesse werden in der Statistik als Bernouliexperimente bezeichnet.
Natürlich kann anstatt nach Land auch nach jedem anderen Objekt gefragt werden, z.B. Sprüche einer bestimmten Farbe oder Manakosten etc. Wichtig ist, dass man das Experiment auf zwei Ausgänge beschränkt, z.B. Land, nicht Land.
Wir entnehmen der Urne n Kugeln, die Karten, die wir ziehen (z.B. n=7 als Starthand). Dies nennt man dann wiederholtes Bernouliexperiment, da das Experiment n mal wiederholt wird.
Uns interessiert die Wahrscheinlichkeit, unter den n Kugeln x Kugeln vom Typ L zu ziehen. Da wir ohne Zurücklegen ziehen, ist unser Problem, Anzahl der Kugeln vom Typ L, hypergeometrisch verteilt.
Toll, so schön ist Mathe! Sprich mit Hilfe dieser hypergeometrischen Verteilung kann man sich also alle Wahrscheinlichkeiten ausrechnen, die man für das Decktuning braucht. Schauen wir uns ein paar Probleme genauer an.

Limited Deck, 16, 17 oder gar 18 Länder?

Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Das wichtige dabei ist die Manakurve des Decks. Fangen wir an mit einem relativ normalen Kamigawa Draft Deck. Dann hat man meist nur wenige one Drops, aber jede Menge two und three Drops, einige four Drops und nur zwei bis drei five Drops. Wie viele Länder spielt man also?
Schauen wir uns mal die Wahrscheinlichkeiten der Starthand an, wenn 17 Länder im Deck sind.

Starthandverteilung mit 17 Länder in einem 40 Karten Deck
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
0,013150
0,092048
0,245461
0,322975
0,226082
0,083973
0,015268
0,001043
0,013150
0,105198
0,350658
0,673633
0,899716
0,983689
0,998957
1


Mittelwert
2,975

Erklärung:
Die erste Spalte zeigt die möglichen Länderzahlen l, die zweite (WS für Wahrscheinlichkeit) gibt an, wie wahrscheinlich es ist genau diese Länderzahl auf der Hand zu haben und die dritten Spalte (CWS für Kumulierte Wahrscheinlichkeit) zeigt, wie wahrscheinlich es ist l Länder oder weniger auf der Hand zu haben.

Also, keine Länder haben wir nur in 1,3% aller Spiele und 7 Länder nur in 0,1% der Spiele. Das ist ja schon mal beruhigend. Allerdings haben wir in 10,5% der Spiele ein Land oder weniger auf der Hand, das ist vielleicht recht hoch.
Hände mit 3 bis 4 Ländern sind beim Draft recht gern gesehen, da man dann bis zur vierten Runde schon mal recht sicher den Landdrop hat. Die Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt 54,9%. Das ist schon ordentlich, da man ja auch noch Karten nachzieht.
Im Mittel halten wir etwa drei Länder auf der Hand.
Man sieht 17 Länder sind eine sehr solide Wahl, was die Zusammensetzung der Starthand anbelangt.
Neben dem Manascrew will man aber auch ungern Flooded sein. Deshalb wollen wir uns mal ansehen, wie die Wahrscheinlichkeiten sich entwickeln, wenn wir 5 Karten nachgezogen haben.

Verteilung nach 5 nachgezogenen Karten, 17 Länder in 40 Karten Deck
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
0,000242
0,004114
0,027850
0,099464
0,208874
0,271536
0,223618
0,117133
0,038531
0,007706
0,000881
0,000051
0,000001
0,000242
0,004356
0,032206
0,131670
0,340544
0,612079
0,835697
0,952830
0,991361
0,999067
0,999948
0,999999
1


Mittelwert
5,1

Wie ich oben feststellte, haben wir ein Deck gedraftet, dessen Manakurve bei fünf endet. Das bedeutet, dass man in der Regel nicht viel mehr als 5 Länder ziehen will. Gleichzeitig bedeutet das
aber auch, dass man in der fünften bis sechsten Runde die fünf Mana zusammen haben will.
Mit 5 nachgezogenen Karten sind wir in der fünften Runde, wenn der Gegner startete und sonst in der sechsten. Im Mittel haben wir dann 5 Länder gesehen. Und "nur" in 39,8 Prozent der Spiele haben wir 6 oder mehr Länder gezogen. Das ist sehr gut. Also kann man sagen 17 Länder
sind eine solide Wahl für ein Draftdeck.

Was ist aber jetzt, wenn wir kontrollastiger gedraftet haben und wir noch an einen Drachen und einen Taubenmann gekommen sind? Weiter haben wir zu viele four Drops gedraftet und dafür wenig three Drops. Sprich unsere Starthand sollte mit großer Wahrscheinlichkeit 3 und mehr Länder zeigen und bis zur fünften bis sechsten Runde wollen wir auch sehr gerne keine Landdrops verpassen. Gut, mit 17 Ländern hat man in 35,1% der Spiele weniger als 3 Länder auf der Starthand und auch nach 5 nachgezogenen Karten hat man mit 34% Wahrscheinlichkeit nur 4 oder weniger Länder gezogen. Das könnte aber etwas riskant sein.
Verbessert sich aber die Lage, wenn man auf 18 Länder hoch geht?


Starthandverteilung mit 18 Länder in 40 Karten Deck
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
0,009148
0,072037
0,216112
0,320166
0,252763
0,106160
0,021906
0,001707
0,009148
0,081185
0,297297
0,617464
0,870227
0,976387
0,998293
1


Mittelwert
3,15

Mit 18 Ländern hat man nur noch in 30% der Spiele weniger als drei Länder auf der Starthand. In 67,9% der Fälle hält man Hände mit 3-5 Ländern, was bei der Manakurve gut ist.

Verteilung nach 5 nachgezogenen Karten, 18 Länder in 40 Karten Deck
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
0,000116
0,002273
0,017709
0,072652
0,175143
0,261546
0,247924
0,150005
0,057293
0,013402
0,001809
0,000125
0,000003
0,000116
0,002389
0,020097
0,092749
0,267892
0,529438
0,777362
0,927367
0,984660
0,998062
0,999871
0,999997
1


Mittelwert
5,4

Man sieht deutlich, dass 18 Länder hier schon das Risiko einschränkt, nur 4 oder weniger Länder im Mittelspiel zu haben. In 74,2% der Spiele hat man mit 5 nachgezogenen Karten 5 oder mehr Länder gezogen. Aber auch die Wahrscheinlichkeit, flooded zu sein ist relative gering, da man nur in 7,3 Prozent der Spiele 8 oder mehr Länder gezogen hat.
Genauso könnte man sich jetzt das Spektakel noch für 19 Länder angucken.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass bei aggressiver Manakurve mit ein paar 4 Drops am Ende, 16 Länder optimal sein können, da man in diesen Decks wirklich keine Flood haben will.

Also, die Anzahl Länder in einem Draftdeck sind abhängig von der Manakurve des Decks. In kontrollastigen Decks mit hoher Manakurve sind oft 18 Länder besser als 17, da man in diesen Decks den Screw mehr fürchtet als die Flood. In aggressiven Decks mit niedriger Manakurve reichen auch schon mal 16 Länder, da man sehr ungern geflooded ist in diesen Decks. Sonst sind 17 Länder eine solide Wahl.


Wie viel Länder der verschiedenen Farben spielt man?

Schauen wir uns noch ein paar andere wichtige Verteilungen an.
Sagen wir, dass wir zweifarbig spielen. Die eine Farbe, z.B. Rot, ist mit 13 Karten vertreten und die andere, vielleicht Grün, nur mit 10, dafür aber haben wir viele doppelt Grün kostende Sprüche.
Sprich wir wollen spätestens in der dritten Runde ein rotes Mana und 2 grüne haben. Wie viel Land der beiden Farben spielen wir also, wenn wir insgesamt 17 Länder spielen?
Angenommen, wir fangen an, dann haben wir insgesamt 9 Karten in der dritten Runde gezogen. Wenn wir mit 9 roten (schliesslich spielen wir mehr rote Karten) und 8 grünen Ländern spielen erhalten wir folgende Verteilung für die grünen Länder.

Verteilung nach 2 nachgezogenen Karten, 8 grüne Länder
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
8
0,102578
0,307734
0,344662
0,185587
0,051552
0,007365
0,000508
0,000015
0
0,102578
0,410312
0,754974
0,940561
0,992113
0,999477
0,999985
1
1


Mittelwert
1,8

Im Mittel ziehen wir also 1,8 Wälder. Nur in 34,4% der Spiele haben wir unsere 2 Wälder. In 41% der Spiele haben wir 1 oder keinen Wald. Ist das eine kluge Verteilung der Farben?
Betrachten wir nun umgekehrten Fall, mit 9 Wäldern und 8 Gebirgen.

Verteilung nach 2 nachgezogenen Karten, 9 grüne Länder
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
0.073728
0.259650
0.346201
0.226184
0.078295
0.014499
0.001381
0.000061
0.000001
0.000000
0.073728
0.333378
0.679579
0.905763
0.984058
0.998557
0.999938
0.999999
1
1


Mittelwert
2.025

So ist die Sache schon etwas runder geworden, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit
immer noch 33,33%, das man ohne den 2. Wald in der dritten Runde auskommen muss.
Geht man auf 10 hoch erhält man folgende Verteilung.

Verteilung nach 2 nachgezogenen Karten, 10 grüne Länder
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
0,052323
0,214049
0,335033
0,260581
0,109444
0,025256
0,003118
0,000191
0,000005
0
0,052323
0,266372
0,601405
0,861986
0,97143
0,996686
0,999804
0,999995
1
1


Mittelwert
2,25

Das sieht doch schon ganz gut als für 2 Wälder. In 73,4% der Spiele haben wir 2 oder mehr Wälder gezogen. Jetzt ist allerdings eine andere Frage wichtig geworden. Reichen uns nur 7 Gebirge?
Wir wollen ja nur ein Gebirge legen, das reicht uns für die dritte Runde.

Verteilung nach 2 nachgezogenen Karten, 7 rote Länder
lWSCWS
0
1
2
3
4
5
6
7
0,141045
0,355433
0,328092
0,141768
0,030379
0,003143
0,00014
0,000002
0,141045
0,496477
0,824569
0,966337
0,996716
0,999858
0,999998
1


Mittelwert
1,575

Das sieht gut aus, im Mittel haben wir 1,6 Gebirge. Die Wahrscheinlichkeit kein Gebirge zu ziehen ist "nur" 14,1%. Also dürfte die Verteilung 10 Wälder, 7 Gebirge relativ gut sein für die obige Situation.



Splashmana


Wir haben im ersten Booster einen Keiga geöffnet, also eine Lategamebombe, sind aber während des Draftes weg von Blau hin zu Rot und Weiss gekommen. Da uns aber Finisher fehlen und man Keiga immer gerne spielt wollen wir ihn splashen. Wie viele Inseln sollten wir spielen, damit wir mit relativ grosser Wahrscheinlichkeit Keiga im Lategame spielen können.
Sagen wir mal, dass wir 6 Karten nachgezogen haben, wir uns also in der fünften bzw. sechsten Runden befinden. Wir haben 3 Inseln im Deck.

Verteilung nach 6 nachgezogenen Karten, 3 blaue Länder
lWSCWS
0
1
2
3
0,296053
0,461842
0,213158
0,028947
0,296053
0,757895
0,971053
1


Mittelwert
0,975

Nur in 29,6% der Spiele müssen wir auf blaues Mana verzichten. Das ist akzeptabel, wenn man bedenkt, dass wir nur in 32,5% der Spiele Keiga auch zu dem Zeitpunkt gezogen hat. Also sollten 3 Inseln reichen.

Wie ist aber die Situation, wenn man etwas roten Burn splashen will, z.B. einen Glacial Ray und einen Torrent of Stone. Diese Karten möchte man schon in der vierten Runde mal als Removal einsetzen können.
Also betrachten wir die Verteilung mit 3 Gebirgen nach 3 nachgezogenen Karten.



Verteilung nach 3 nachgezogenen Karten, 3 rote Länder
lWSCWS
0
1
2
3
0,410931
0,440283
0,13664
0,012146
0,410931
0,851215
0,987854
1


Mittelwert
0,75

In 41,1% der Spiele haben wir kein Gebirge gezogen. Obwohl wir in rund 45% der Spiele einen der beiden Burnsprüche auf der Hand haben. Das ist nicht so schön, also lieber mit 4 Gebirgen.

Verteilung nach 3 nachgezogenen Karten, 4 rote Länder
lWSCWS
0
1
2
3
4
0,299869
0,44425
0,214192
0,039392
0,002298
0,299869
0,744119
0,958311
0,997702
1


Mittelwert
1

Jetzt sind es nur noch 30% aller vierten Runden, die wir ohne Gebirge auskommen müssen. Das sieht doch stabiler aus. Die Frage ist halt, ob man sich die 4 Gebirge erlauben kann, da man dann nur noch 13 Länder für die übrigen Farben zur Verfügung hat. Ob diese 14 Länder also reichen
hängt dann wieder davon ab wie viel Mana der jeweiligen Farben wir für das Sprechen unserer Sprüche benötigen.

Grundsätzlich ist ein Splash immer leichter zu realisieren, wenn man etwas zum fixen gedraftet hat, wie den Journeyer's Kite, fast alle grünen Manabeschleuniger oder Mehrfarbige Länder. Auch Carddraw lässt sich als Manafixing betrachten, da es uns erlaubt die Wiederholungen unserer Experimente zu erhöhen.

So, ich hoffe, ich konnte Euch die hypergeometrische Verteilung als wichtiges Hilfsmittel zum Deckbau in Magic ans Herz legen. Sie beantwortet Euch alle Fragen, in denen es darum geht Wahrscheinlichkeiten zu berechnen unter x Karten y Karten des Typs A zu ziehen. Diese Verteilung sollte z.B. in EXEL implementiert sein, so dass Ihr Euch die wichtigen Verteilungen für Eure Fragestellungen schnell berechnen lassen könnt.
Sicher ist es Quatsch, sich in jedem Draft schnell man die Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, da man dafür kaum Zeit hat. Aber das Wissen wie sich die Wahrscheinlichkeiten ändern, wenn man ein Land mehr oder weniger spielt hilft einem zu schnelleren selbständigen Entscheidungen über seine Manaverteilung.

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