Mit den beiden Pro Tour Qualifiern am vergangenen Wochenende ist die Extended-Saison fast vorbei. Ein guter Zeitpunkt also, um einen kurzen Blick zurück und gleichzeitig nach vorn zu werfen.
Beginnen wir dafür in Leipzig, wo am Samstag der vorletzte PTQ Deutschlands stattfand. Mit 42 Spielern war dieses Turnier unterdurchschnittlich besucht und reihte sich damit wunderbar in die Reihe der unterbesetzten Veranstaltungen ein, in der schon nahezu jedes dieser Extended-Events zu finden ist.
Stellt sich ein wenig die Frage nach dem Warum. Während bei den letzten Turnieren sicher das Zeit-Argument im Zusammenhang mit den parallel stattfindenden National Qualifiern genannt werden kann, ist dies zumindest zu Beginn der Saison kein Faktor. Stattdessen kann man nur in zwei Richtungen argumentieren:
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Es gibt weniger Spieler, die Zeit, Mühe und finanzielle Einbußen in Kauf nehmen, um ein solches Turnier zu spielen. Eng damit verbunden ist der gern zitierte Erwartungswert, wonach die entsprechende Fahrt möglichst lohnend sein soll. Das ist sie jedoch im Normalfall nur für genau einen Spieler, nämlich den Gewinner. Gerade durch die geringen Teilnehmerzahlen bringt selbst eine Top-8-Platzierung oft nur eine überschaubare Anzahl an Boostern ein, was die Kostenkombination aus Fahrt und Startgeld nicht rechtfertigt. Der eher ideelle Gedanke, bei einer solchen Veranstaltung Spaß zu haben, ist zudem dank unendlicher Alternativen sehr in den Hintergrund gerückt. Daraus folgt, dass eigentlich nur noch die spielen, die sich ernsthaft Hoffnungen auf den Sieg machen.
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Das Format sagt den Spielern nicht zu. Dies könnte viele Ursachen haben, zum Beispiel hoher Glücksfaktor, Eintönigkeit, gigantische Einstiegskosten. Meines Erachtens treffen aber all diese Punkte auf Extended nicht wirklich zu. Die meisten Decks bieten die Möglichkeit, spielerische Vorteile auszunutzen, und dadurch sind einzelne Partien durchaus spannend. Auch die finanzielle Komponente ist kaum relevanter als im Standard. Selbst ich bekomme ein paar Decks zusammen!
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Insofern scheint es wirklich Probleme mit der „semi-professionellen“ Szene zu geben. Wie ernst diese sind, wird man schon in einigen Wochen überprüfen können, wenn im Standard-Format um eine Reise nach Philadelphia gespielt wird.
Doch bleiben wir zunächst bei den etwas älteren Karten und damit beim PTQ in Leipzig. Eine Analyse der Top 8 kann ich euch leider nicht bieten, die wird mein geschätzter Kollege Till Riffert an anderer Stelle übernehmen. Dafür gibt es von mir die interessantesten Decklisten von denen, die es knapp nicht geschafft haben.
Zuvor jedoch ein kleiner Einblick ins Metagame, denn wie immer brauchen alle Konstruktionen einen gemeinsamen Nenner:
Feen: | 9 Spieler | 1 Top 8 | |
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Rote Karten: | 5 | 1 | |
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UWx-Caw-Blade: | 4 | 1 | |
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GR-Valakut: | 4 | 0 | |
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Elfen: | 3 | 2 | |
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Boros: | 3 | 0 | |
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Bant: | 3 | 0 | |
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UG(w)-Scapeshift: | 2 | 2 | |
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Mono-W-Control: | 2 | 1 | |
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Steel-Aggro: | 2 | 0 | |
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Merfolk: | 2 | 0 | |
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Rest: | 3 | 0 | |
Was können wir daraus ableiten?
Nun, zum einen, dass das alte Vorurteil des roten Ostens – mal wieder! – widerlegt wurde. Klar meistgespieltes Deck waren die Feen, erfolgreichstes UG(w)-
Scapeshift, dessen beide Piloten das Finale unter sich ausmachten. Überraschend erfolgreich waren zudem die Elfenkrieger, was natürlich zu einem nicht unbeträchtlichen Teil der hohen Feenquote zuzuschreiben ist. Ansonsten gibt es Aggro, Aggro-Kontrolle und Kombo, lediglich echte Kontrolle fehlt. Aber auch so ergibt sich ein typisches Dreieck, in dem A > AK > K > A gilt. Nicht in jedem Match natürlich, aber als Faustregel funktioniert das schon.
Die drei Decks, die ich jetzt ein bisschen näher vorstellen möchte, sind schon recht gut auf dieses Metagame abgestimmt, aber gleichzeitig noch aus einem anderen Grund interessant: Sie werden – in etwas abgewandelter Form – auch im nächsten Winter wieder spielbar sein. Wie ihr wisst, rotiert Extended jährlich, wobei wir im Oktober den
Lorwyn/
Shadowmoor-Block verlieren werden.
Beginnen wir deswegen gleich mit einem Deck, welches die Rotation nahezu unbeschadet überstehen wird:
Matthias Riedel: Steel-Aggro
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4 Seachrome Coast
4 Darkslick Shores
3 Marsh Flats
2 Plains
2 Island
2 Swamp
1 Tectonic Edge
4 Memnite
3 Ornithopter
4 Signal Pest
4 Tidehollow Sculler
3 Steel Overseer
4 Master of Etherium
3 Mox Opal
2 Springleaf Drum
3 Thoughtseize
3 Inquisition of Kozilek
2 Thopter Foundry
4 Tempered Steel
3 Tezzeret, Agent of Bolas
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Sideboard:
2 Path to Exile
1 Celestial Purge
3 Ethersworn Canonist
2 Leonin Arbiter
2 Kor Firewalker
2 Unified Will
1 Black Sun's Zenith
2 Refraction Trap
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Für mich immer noch eins der unterschätztesten Extended-Decks überhaupt. Die guten Draws sind oft völlig absurd und dank
Tezzeret sind wirklich schlechte noch unwahrscheinlicher.
Ich selbst würde ein paar Discard-Sprüche weniger spielen und dafür lieber noch ein paar Karten ins Deck werfen, die wirklich etwas machen, aber das sind nur Nuancen. Massive Änderungen würde ich hingegen am Sideboard vornehmen. Während mir einige Sachen (Trap, Will) ziemlich gut gef
allen, erschließen sich andere (Canonist) nicht so richtig.
In der nächsten Saison muss man eigentlich nur auf
Springleaf Drum verzichten, ein Verlust, der zwar die richtig albernen Starts deutlich unwahrscheinlicher macht, aber die übrig gebliebenen mit Mox und Co. sind ebenf
alls nicht ganz schlecht.
Das Deck selbst spielt sich übrigens eher wie eins der modernen Kreaturen-Kombo-Decks, bei dem fast jede Karte mit einer anderen interagiert, sodass es sich fließender anfühlt als ein traditionelles Aggrodeck.
Der nächste Kandidat haut ebenf
alls kräftig zu, verwendet dafür jedoch eher konservative Elemente: Manakurve, gute Kreaturen und
Brand.
Sascha „Die Rippe“ Thomsen: RG-Aggro
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4 Copperline Gorge
4 Rootbound Crag
4 Fire-Lit Thicket
1 Raging Ravine
3 Arid Mesa
3 Scalding Tarn
5 Mountain
4 Goblin Guide
4 Figure of Destiny
4 Lotus Cobra
4 Kargan Dragonlord
4 Boggart Ram-Gang
4 Bloodbraid Elf
2 Hero of Oxid Ridge
4 Lightning Bolt
3 Searing Blaze
3 Arc Trail
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Sideboard:
4 Vengevine
3 Obstinate Baloth
1 Arc Trail
2 Mortarpod
2 Cunning Sparkmage
3 Deglamer
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Auch wenn das Deck von der Grundidee sicher nicht neu ist, stecken doch einige ziemlich spezifische Überlegungen dahinter:
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Die Gegner werden viele kleine Kreaturen spielen. Neben den aggressiven Decks, die das per Definition tun, greifen auch viele der kontrollierenderen Decks auf zahlreiche Würste zurück – und sei es als Chumpblocker. Bestes Beispiel hierfür sind natürlich die Feen mit der obligatorischen Bitterblüte in Turn 2. Arc Trail, Searing Blaze und insbesondere Hero of Oxid Ridge gehen massiv dagegen vor.
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Die Kombination aus Lotus Cobra und acht Level-Up-Männern gewinnt Spiele im Alleingang. Sowohl die Figur als auch Kargan Dragonlord haben in ihrer Ultimate-Form das Zeug dazu und dank der kleinen Schlange erreichen sie diese gleich viel souveräner.
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Vengevine im Sideboard spielen zu können, ist ein riesiger Vorteil, da es immer noch Decks gibt, die dem mythischen Elementarwesen fast nichts entgegenzusetzen haben.
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Dank der unendlichen Länder, die Freundfarbkombinationen beinahe ohne Nachteil ermöglichen, gibt es eigentlich keinen Grund, das nicht auszunutzen. Hinzu kommt noch die Brokenness des
Bloodbraid Elf, die man gern mitnimmt.
Mit der Rotation verliert man zwar nicht viele Karten, aber mit
Boggart Ram-Gang und vor allem
Figure of Destiny doch recht wichtige. Einen alternativen Treter als Ersatz für die Ram-Gang wird sich finden lassen. Die Figur jedoch wird richtig fehlen. Zum einen als profaner 1-Drop, da die roten Karten in diesem Bereich jetzt schon länger größere Probleme haben und zum anderen als ein Teil der Cobra-Level-Up-Synergie.
Das letzte Deck könnte euch bekannt vorkommen, immerhin habe ich schon
darüber geschrieben:
Martin Golm: Aggro-Jund
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4 Raging Ravine
4 Savage Lands
2 Blackcleave Cliffs
4 Copperline Gorge
2 Mountain
2 Graven Cairns
3 Lavaclaw Reaches
4 Twilight Mire
1 Swamp
3 Anathemancer
4 Putrid Leech
4 Bloodbraid Elf
3 Plated Geopede
4 Boggart Ram-Gang
3 Sygg, River Cutthroat
4 Lightning Bolt
3 Blightning
3 Volcanic Fallout
3 Terminate
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Sideboard:
2 Deglamer
3 Kitchen Finks
2 Shriekmaw
4 Thoughtseize
2 Arc Trail
2 Maelstrom Pulse
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Der zugrundeliegende Gedanke ist ähnlich dem von Sascha: Im aktuellen Metagame springen sehr viele kleine Kreaturen herum, entweder zum Blocken oder Angreifen. Mit
Volcanic Fallout hat man eine perfekte Antwort auf all diese Würste, besonders wenn sie von eigenen Angreifern unterstützt wird. Diese sollten dafür natürlich so ein Fallout überleben, worauf bei der Auswahl der Kreaturen wert gelegt wurde. Da diese Kombination in so vielen Matchups supergut ist, würde ich auch die Anzahl der Fallouts maximieren. Beide Decks stehen dank ihres Anti-Kreaturen-Ansatzes einem Kombodeck wie
Scapeshift (egal in welcher Form) recht hilflos gegenüber. Zumindest in Spiel 1. Nach dem Boarden kann Jund dann gezielt Discard einsetzen, wodurch es deutlich spannender werden sollte.
Diese Form von Jund verliert durch die Rotation zum einen Ram-Gang und den bösen
Sygg und damit zwei wichtige Fallout-resistente Kreaturen und zum anderen
Twilight Mire. Dieses Land ermöglichte die Strapazierung des Manas, um Turn 3 sowohl
als auch
bereitstellen zu können. Beide Verluste werden sich lösen lassen, wenn auch nicht völlig ohne Qualitätsverlust. Fraglich bleibt, ob dieser Jund-Ansatz dann der beste ist oder ob man mit traditionelleren Konstruktionen besser fährt.
Tja, mehr spannende Listen gab es wirklich nicht zu bestaunen. Versuchen wir uns stattdessen ein wenig in Hellseherei und wagen einen
Blick in die Zukunft des Extended-Formats. Mir ist bewusst, dass bis Oktober/November noch drei Sets erscheinen, die völlig neue Decktypen entstehen lassen und bereits etablierte massiv verändern können. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass fast immer die abgeschlossenen Blöcke ein Format definieren, sodass ich hoffentlich nicht komplett falsch liege.
So würde ich momentan davon ausgehen, dass Extended 2012 sich um folgende vier Karten drehen wird:
… gern auch in Kombination untereinander. Eventuell kann Tez
zeret noch in diese Liste stoßen, aber davon abgesehen wird man wohl um (mindestens) eine dieser vier Karten kaum herumkommen.
Warum sollte das schon jetzt interessant sein? Ganz einfach, damit man saisonale Preisschwankungen der Einzelkarten besser ausgleichen kann. Spätestens im Sommer werden bisher ungespielte Karten des
Alara-Blocks, aber auch viele aus dem Standard-rotierende Karten des
Zendikar-Blocks deutlich an Wert einbüßen. Schnappt man sich dann in weiser Voraussicht die kommenden Extended-All-Stars, kann man nicht nur eine Menge Geld sparen, sondern sogar richtig verdienen.
Deswegen kurz und knapp eine Liste von Karten, die ihr vielleicht billig auflesen solltet, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Natürlich völlig ohne Gewähr und auf eigenes Risiko. Beachtet vor allem die fett hervorgehobenen.
Prinzipiell kann man zusätzlich davon ausgehen, dass ohne Feen besonders echte Controldecks und sämtliche Planeswalker an Bedeutung gewinnen werden. Entsprechend würde ich ein waches Auge auf die Weltenwanderer und die wenigen Wege werfen, diese Jungs zu entfernen. Des Weiteren kann man sicher bei jetzigen Standard-MVPs zuschlagen und zwar genau dann, wenn sie ordentlich an Wert verloren haben (ab dem Spätsommer) und nicht wieder aufgelegt wurden (zum Beispiel in
M12). Typische Kandidaten sind sämtliche Fetch- und Manlands, Titanen,
Lotus Cobra,
Stoneforge Mystic, aber auch
Vengevine oder
Jace, the Mind Sculptor.
So, das war's erst mal mit Extended, zumindest für die nächsten Wochen und Monate. Diese werden kräftig mit Standard gefüllt werden, welches auch am Wochenende auf dem Programm steht, wenn ich einen erneuten Anlauf nehme, Sachsenmeister zu werden. Von meinen sicherlich epischen Duellen beim entsprechenden NQ in Dresden lest ihr dann in der nächsten Woche.
Bis dahin
Der MiDi
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