Eigentlich wollte ich heute über das Ratingsystem und mögliche Alternativen dazu schreiben. Quasi aus gegebenem Anlass werde ich ich das um eine Woche verschieben. Die Ratings laufen nicht weg, aber das
Scars of Mirrodin-Draftformat wird nicht jünger. Man mag es als einen Tick von mir abtun, aber tatsächlich ist jetzt der günstigste Zeitpunkt in der jüngeren
Magic-Geschichte, um sich mit Print-Runs
zu beschäftigen. Worum es dabei genau geht, könnt ihr in
meinem letzten Artikel zu dem Thema nachlesen.
Wir erinnern uns: In
Scars of Mirrodin-Boostern teilen sich die zehn Commons in zwei verschiedene Bereiche, die in unterschiedlichen Längen auftreten und sich gegeneinander verschieben. Das macht die Analyse, selbst wenn man die Print-Runs
vor sich liegen hat, schon schwierig genug. Erschwerend kommt hinzu, dass man, um in einem Turnier einen Nutzen zu haben, die Print-Runs
auswendig lernen müsste. Bei 101 Commons und einer daraus resultierenden Sequenz von 242 Karten kein leichtes.
Die Umkehrung der Draftreihenfolge erleichtert den Einsatz dieser Technik allerdings deutlich. In kleinen Sets mit ihren 60 Commons reduziert sich die Länge der Sequenz, die man lernen muss, auf 120 Karten, also ziemlich exakt die Hälfte. Dass Karten grundsätzlich nicht in drei, sondern nur in zwei verschiedenen Kontexten auftreten, macht es einfacher, die Stelle im Print-Run
zu identifizieren, und hinzu kommt, dass die Booster an sich auch noch simpler gestrickt sind. Das alles galt prinzipiell auch schon für
Mirrodin Besieged, nur waren die First Picks dort die meiste Zeit Uncommons und Rares, sodass es einem nicht viel nützte, über die Commons Bescheid zu wissen. Mit
New Phyrexia hat man hingegen fast optimale Bedingungen, da nur ein verhältnismäßig geringer Anteil der Uncommons und Rares automatische First Picks sind.
Was pickt man zum Beispiel, wenn man diesen Booster geschoben bekommt? Der Booster ist nicht besonders toll, aber
Porcelain Legionnaire ist keine Karte, über die man sich im zweiten Pick groß ärgern müsste. Nur hat unser rechter Nachbar
Forced Worship als First Pick gewählt. Ich möchte jetzt nicht diskutieren, wie stark es die Qualität des Legionärs beeinflusst, ihn off-color spielen zu müssen, aber klar ist wohl: Wenn ich sicher sein kann, dass mein rechter Nachbar eine weiße Karte firstgepickt hat, dann überlege ich mir vielleicht noch einmal, ob ich wirklich in diese Farbe gehen möchte.
Man sollte sich auch nicht so sehr darauf versteifen, dass man diese Information sofort im zweiten Pick verwenden muss. Bekommt man als siebten Pick zum Beispiel einen
Entomber Exarch und ist der Meinung, dass das eigentlich deutlich zu spät für diesen Kollegen ist, dann würde man das normalerweise als Signal auffassen. Wenn aber im ersten Booster
Grim Affliction gefehlt hat und ihr eine ziemlich gute Ahnung habt, dass auch aus dem nächsten Booster eine schwarze Karte fehlte, dann habt ihr schon gute Gründe anzunehmen, dass dieser Booster einfach komisch war und/oder eure Nachbarn etwas seltsam draften, Schwarz aber keineswegs die Farbe ist, die ihr draften solltet.
Without further ado:
Print-Run-Sequenz #1
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Artillerize
Spire Monitor
Slash Panther
Grim Affliction
Porcelain Legionnaire
Numbing Dose
Blind Zealot
Glissa's Scorn
Pestilent Souleater
Furnace Scamp
Gremlin Mine
Blighted Agent
Lost Leonin
Thundering Tanadon
Geth's Verdict
Pristine Talisman
Death-Hood Cobra
Impaler Shrike
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Razor Swine
Blind Zealot
Mutagenic Growth
Gremlin Mine
Porcelain Legionnaire
Thundering Tanadon
Spined Thopter
Pith Driller
Furnace Scamp
Trespassing Souleater
War Report
Slash Panther
Glissa's Scorn
Parasitic Implant
Numbing Dose
Volt Charge
Shriek Raptor
Pestilent Souleater
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Impaler Shrike
Pith Driller
Mutagenic Growth
Artillerize
Geth's Verdict
War Report
Pristine Talisman
Spire Monitor
Razor Swine
Lost Leonin
Death-Hood Cobra
Spined Thopter
Grim Affliction
Volt Charge
Parasitic Implant
Trespassing Souleater
Shriek Raptor
Blighted Agent
/und von vorn/
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Aus dieser Sequenz werden normalerweise beginnend bei der sechsten oder siebten die letzten Commons eines englischen Boosters entstammen. In seltenen Fällen kann die Sequenz durch eine Foil
im Booster auf drei Karten reduziert werden. Außerdem gibt es in einer sehr geringen Anzahl an Booster mal Dreher in der Sequenz. Nach meiner Beobachtung würde ich vermuten, dass dies Booster in einer Größenordnung von 5
% betrifft. Das waren dann auch lediglich Dreher zwischen zwei Karten, die nach einmaligem Mischen des Boosters überhaupt nicht mehr feststellbar gewesen wären. „Defekte“ Booster kann es natürlich trotzdem immer geben. Das nur mal als kleine Warnung, aber im Großen und Ganzen könnt ihr das jetzt auswendig lernen.
Diese 2×27 Karten stellen in ziemlich konzentrierter Form die besseren Commons des Sets dar. Der Print-Run
hat ein paar auffällige Stellen. So konzentrieren sich die Removal auf zwei Stellen (einmal
Glissa's Scorn,
Parasitic Implant,
Numbing Dose,
Volt Charge und einmal
Grim Affliction,
Volt Charge,
Parasitic Implant). Eher unter Wissen als Wert fällt, dass es eine Stelle gibt, an der fünf Artefakte aufeinanderfolgen (
Gremlin Mine,
Porcelain Legionnaire,
Thundering Tanadon,
Spined Thopter,
Pith Driller). Tatsächlich finde ich aber, dass die einzelnen Stellen gar nicht so interessant sind. Hat man nur die Abfolge dieser 54 Karten im Kopf kann man in einem Großteil der Booster bestimmen, was vor einem aus dem Booster genommen wurde, weil die Qualität sich fast ausschließlich auf diese Sequenz beschränkt. Und wie wir gleich sehen werden, ist es sogar noch ein bisschen besser, als man erwarten würde.
Print-Run-Sequenz #2
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Ogre Menial
Psychic Barrier
Maul Splicer
Loxodon Convert
Hovermyr
Evil Presence
Gitaxian Probe
Ruthless Invasion
Viridian Betrayers
Vault Skirge
Remember the Fallen
Mycosynth Wellspring
Phyrexian Hulk
Defensive Stance
Victorious Destruction
Glistener Elf
Blinding Souleater
Mortis Dogs
Chained Throatseeker
Sensor Splicer
Ogre Menial
Immolating Souleater
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Leeching Bite
Dementia Bat
Apostle's Blessing
Vapor Snag
Blinding Souleater
Maul Splicer
Ruthless Invasion
Suture Priest
Vault Skirge
Gitaxian Probe
Hovermyr
Glistener Elf
Flameborn Viron
Forced Worship
Dementia Bat
Rotted Hystrix
Victorious Destruction
Psychic Barrier
Phyrexian Hulk
Viridian Harvest
Sensor Splicer
Flameborn Viron
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Toxic Nim
Remember the Fallen
Defensive Stance
Leeching Bite
Insatiable Souleater
Loxodon Convert
Evil Presence
Scrapyard Salvo
Forced Worship
Viridian Betrayers
Vapor Snag
Immolating Souleater
Rotted Hystrix
Suture Priest
Toxic Nim
Scrapyard Salvo
Chained Throatseeker
Viridian Harvest
Insatiable Souleater
Apostle's Blessing
Mycosynth Wellspring
Mortis Dogs
/und von vorn/
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Schaut diese 66 Karten mal nach potenziellen First Picks durch! Es gibt ganze zwei Karten, die ich davon firstpicken möchte:
Forced Worship und
Blinding Souleater. Die nächstbesten Karten sind dann schon in der Kategorie
Glistener Elf,
Leeching Bite,
Psychic Barrier. Wenn also eine der ersten fünf oder sechs Karten fehlt, dann kann man sich ziemlich sicher sein, dass vor einem eine weiße Common genommen wurde. Wenn ihr ein Booster mit fünf Commmons aus dieser Hälfte und vier aus der anderen erhaltet, kann man wohl ohne Weiteres nicht wissen, ob eine weiße Karte aus der 66-Karten-Hälfte genommen wurde oder einfach nur fünf Commons aus dieser Sequenz im Booster waren. Wenn man die 54-Karten-Sequenz tatsächlich im Kopf hat, kann man sich da häufig Gewissheit verschaffen, ansonsten kommt man ein wenig ins Raten.
Was die Uncommons betrifft: Die Print-Runs
funktionieren im Prinzip genauso wie die Common-Print-Runs. Die erste oder die ersten beiden Commons kommen aus einer Sequenz und die dritte oder die zweite und dritte aus der anderen. Daher wird man zum Beispiel
Dismember nie als vorderste Uncommon im Booster haben und
Despise nie als letzte. Diese Information ist allerdings reine Information ohne praktischen Nutzen. Es gibt Uncommon-Print-Runs, die man aber kaum herausfinden kann (möglicherweise kann man sie boosterübergreifend ableiten.), und selbst wenn man sie kennen würde und perfekt im Kopf hätte, würde man davon nur in den allerwenigsten Drafts profitieren und auch dann nur äußerst marginal. Wenn in einem Booster eine zufällige Uncommon fehlt, dann kommen anstatt von 58 Uncommons noch zwölf infrage. Selbst mit dem Wissen über die Qualität der Karten ist der Nutzen so gering, dass man diesen Absatz hier schon überhaupt nur damit rechtfertigen kann, dass manche Leute derartige Meta-Informationen interessant finden. Dass ich dazu gehöre, überrascht wohl eher nicht.
Eine letzte Bemerkung noch zu Foils. Bei allen Boostern, die ich geöffnet habe, war es so, dass ein Booster mit Foils
verkürzte Sequenzen enthielt. Aus der Sequenz
Gremlin Mine,
Porcelain Legionnaire,
Thundering Tanadon,
Spined Thopter,
Pith Driller würden demnach also nie
Porcelain Legionnaire,
Thundering Tanadon oder
Spined Thopter fehlen, sondern immer
Gremlin Mine oder
Pith Driller. Früher war das anders und das erschwerte es zusätzlich, sinnvolle Aussagen über den Inhalt eines Boosters zu treffen. Ob sich das tatsächlich geändert hat, kann ich nicht sicher sagen. Bei circa 15 geöffneten Foils
liegt der Verdacht aber nahe, dass es nicht nur ein Effekt der geringen Stichprobe ist, ich habe am Anfang allerdings dann auch wieder nicht allzu sehr darauf geachtet.
Momir Basic
Und das war dann auch schon alles, was sich über
New Phyrexian-Print-Runs
zu schreiben lohnt. Zum Abschluss des Artikels möchte ich noch einen kleinen Blick auf etwas viel Bunteres werfen, nämlich Momir Basic. Momir ist ein reines
Magic Online-Format, bei dem man nichts braucht außer Basic Lands und einem Momir-Vig-Avatar. Beides zusammen kann man im Online-Shop für zehn Dollar kaufen.
Bewaffnet nur mit Ländern und diesem Avatar kann man sofort loslegen. Momir-Basic-Spiele werden bedingt durch den Avatar auf 24 Leben begonnen und mit all diesen Standardländern bleibt einem natürlich nichts anderes übrig, als Länder zu legen und Karten in den Avatar zu werfen. Dieses Karten-in-den-Avatar-Werfen darf man in jedem eigenen Zug einmal machen. Zusätzlich bezahlt man X Mana und bekommt dafür eine zufällige Kreatur mit Manakosten X, genaugenommen einen Spielstein, der eine Kopie dieser Kreatur darstellt. Und dann wird gekämpft!
Klingt irgendwie random? Allerdings! Und das macht auch einen Teil des Reizes aus. Klar, die Spiele in denen man
Phage the Untouchable trifft oder der Gegner
Dogged Hunter findet, sind eher unspannend, aber die Chance auf den Jäger ist kleiner als 1
:
1000 und Phage ist unter den 7-Drops nur einer von 198, Tendenz steigend.
In einem relativ großen Teil der verbleibenden Spiele erlebt man Kreaturenkampf in Reinform. Es geht fast ausschließlich darum, den Combat richtig zu machen, das Tempo richtig einzuschätzen und auf dieser Einschätzung basierend die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Als Strategie-Guide für Anfänger lässt sich kurz zusammenfassen: Die besten Kreaturen in
Magic sind im Schnitt 8-Drops.
Hoverguard Sweepers,
Bogardan Hellkite,
Avatar of Woe,
Lorthos, the Tidemaker,
Sundering Titan,
Stormtide Leviathan und
Platinum Emperion stellen die Elite der gegenwärtig 86 Kreaturen in dieser Preisklasse, da will man also hin. On the play muss man zwei Drops auslassen, wenn man jede Runde Land und Kreatur machen möchte, on the draw lediglich einen. On the draw legt man nur für ein Mana keine Kreatur, da die 1-Mana-Kreaturen zum größten Teil sofort dominiert werden. On the play muss man sich zusätzlich einen weiteren Slot überlegen, den man überspringen möchte. Am häufigsten wird dafür der 3-Drop gewählt, weil diese Kreaturen schnell dominiert werden und die Chance, einen der guten Manaelfen zu treffen, hier geringer ist als bei zwei Mana.
Als Manabasis empfiehlt sich meines Erachtens eine in etwa ausgeglichene Verteilung der Länder. Viele Spieler bevorzugen zwar Gebirge, weil eine Menge guter Aktivierungen rotes Mana erfordern, aber es gibt eben auch viele nützliche Fähigkeiten in anderen Farben, daher sollte man alles Mana zur Verfügung haben. Weniger Standardlandtypen schützen einen zwar vor Landwalk, aber so viele Landwalkkreaturen gibt es nicht und man selbst kann zum Beispiel auch Islandhome-Kreaturen treffen. Spätestens bei
den Elder-Dragons möchte ich dann zumindest die Option haben, ihre Upkeep zu bezahlen. Das ist nicht immer sinnvoll, aber manchmal gewinnt ein 7/7-Flieger eben doch einfach so. Normalerweise strebe ich an, von jedem Land eines und von
Swamp und
Mountain je ein weiteres im Spiel zu haben. Wenn der Gegner
Sundering Titan trifft, sieht das zwar ziemlich dumm aus, aber davon abgesehen kann man die wichtigen Upkeep-Kosten bezahlen und auch noch schnell variieren, f
alls man zum Beispiel einen
Sunscape Master getroffen hat, dessen Bounce-Aktivierung man doch gern bezahlen möchte.
Anfangen möchte man im Momir Basic. Leider muss man dadurch einen Drop auslassen, aber auch wenn viele Spiele einfach zugestallt sind, die Anzahl der Spiele, in denen es auf Tempo ankommt, ist groß genug, um anfangen zu wollen. Wenn man nur den 3-Drop auslässt, hat man selbst auch immer die größte Kreatur auf dem Tisch. Der Gegner legt zum Beispiel seinen 3-Drop, während wir keinen gelegt haben, aber im nächsten Zug müsste er in unseren 4-Drop angreifen, was zumindest vom Erwartungswert her schwierig ist. Meiner Erfahrung nach macht es allerdings keinen allzu großen Unterschied, ob man beginnt.
Was man schon fast als „advanced strategy“ noch mit einbeziehen kann, ist, dass in den ungeraden Manaslots im Allgemeinen mehr Varianz lauert. Das ist insofern wichtig, als dass man, insbesondere wenn man gerade eh bereits gewinnt, vermeiden möchte,
Countryside Crusher,
Leveler oder
Phage the Untouchable zu treffen. So etwas passiert einem in den geraden Manaslots normalerweise nicht.
Bei acht Mana kehrt sich dies allerdings um. Wenn der nächste Combat den Gegner ziemlich sicher ableben lässt, dann spielt es keine Rolle, dass man für acht Mana
Hoverguard Sweepers,
Bogardan Hellkite und andere schöne Dinge bekommen könnte. Wichtiger ist einem an dieser Stelle, dass man selbst nicht
Denizen of the Deep oder
Akron Legionnaire trifft. Bei neun Mana hat man dann wieder Gewissheit, dass kein allzu großer Unfug rauskommt. Wenn man dringend noch eine Kreatur braucht, aber nur acht Mana hat, spielt man am besten einen 6-Drop. Wer Momir nicht kennt, mag sich ein wenig wundern, dass es sich lohnt diese Frage zu diskutieren, aber das ist in diesem Format das völlig normale Endgame, also kann man dazu auch sehr spezifische Erkenntnisse nutzen.
Wenn man einmal richtig ins Rampen kommt, sollte man wissen, dass Kreaturen für neun und zehn Mana üblicherweise schwächer sind als 8-Drops. Für elf und zwölf bekommt man mit hoher Wahrscheinlichkeit richtige Brecher und 13 und 14 gibt es in
Magic bisher einfach gar nicht. Bei 15 hat man
Emrakul, the Aeons Torn und
Autochthon Wurm und 16 Mana schließlich beherbergt ausschließlich
Draco.
Mit diesem Wissen und einer soliden Kontrolle über die Kampfzone kann man mit Momir zwischendurch durchaus eine Menge Spaß haben. Die Situationen, die zustande kommen, sind zum Teil sehr abstrus und die ungewohnten Karten und Kartenkombinationen führen manchmal zu haarsträubenden Misplays. Angenehmerweise sind die Leute, die Momir spielen, da allerdings selten so verbissen wie die Leute, die man zum Beispiel im Draftraum antrifft. Ist ja eh alles nur Glück. Fast zumindest, oder? Also die besten Momir-Spieler erreichen über längere Zeiträume eine Siegquote von etwa zwei Drittel. Viel mehr schaffen die meisten Standardspieler in Daily Events auch nicht. Das macht Momir in der Summe zum perfekten Format, wenn einem mal gerade nicht nach richtigem
Magic ist.
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