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Eternal
Das neue Legacy
von Pascal Baatz
18.08.2011

Man kann unbestritten behaupten, Legacy habe in den letzten Wochen und Monaten ein neues Gesicht bekommen. Ein Vorzeichen hierfür ist allein die Tatsache, dass ein Deck den amerikanischen Legacy-GP in Providence gewann, welches zwar irgendwie Bant-Aggrokontrolle war, aber weder Force of Will noch das volle Playset Tarmogoyf spielte. Alte Favoriten werden mehr und mehr aus dem Meta verdrängt. Es ist ein spürbarer Ruck zu Standarddecks hin zu beobachten, der seine Bestätigung in den Standardbannings findet. Was im Standard zu unfair ist, hat sich im Legacy oft als gut genug erwiesen. Wenn man noch an seinen alten Vorstellungen hängt oder dank all der übersichtlichen, aber teils widersprüchlichen Daten nicht weiß, was denn nun ein gutes Deck ist, dem sei folgender Artikel ans Herz gelegt. Da man im Legacy ja nach wie vor eigentlich alles spielen kann, werde ich heute aber weniger auf spezifische Decks zu sprechen kommen. Stattdessen möchte ich die neuen Grundfesten des Formates ausloten.


Zenit und seine Lakaien


Ich kann mich erinnern, dass letztes Jahr noch darüber diskutiert wurde, warum Tarmogoyf denn nicht gebannt wird. Damals war er die Hausnummer: Die Karte die grundlegender Bestandteil der schnellen Beatdowndecks und konsistenten Aggrokontrolldecks war. Davor waren einmal Nimble Mongoose, Werebear und Goblin Lackey Hausnummern. Wer mit solchen Karten nicht schnell genug umgehen kann, verliert.

Mittlerweile haben wir mit Noble Hierarch und Green Sun's Zenith neue Werkzeuge zur Beschleunigung und Konsistenz. Die kann man mit Tarmogoyf wunderbar ausnutzen. Doch langsam kommt man im Legacy wieder zurück auf die Idee, Manabeschleunigung für stärkere Kreaturen auszunutzen. „The Rock“ zieht seinen Hut und lässt grüßen. Durch die veränderte Zusammensetzung der Counter, darauf gehe ich weiter unten noch ein, ist es nun oftmals besser, sich für drei Mana und mehr auszutappen und Daze zu ignorieren, als mit Tarmogoyf in die Spell Snare zu rennen. Hierarch und gelegentlich auch mal ein Zenit auf Dryad Arbor in Zug 1 machen es möglich. Knight of the Reliquary ist der natürliche Nachfolger für Tarmogoyf in der Rang- und Hackordnung der Kreaturen und wird dementsprechend vermehrt gespielt. Meist betritt der das Spiel genauso schnell und ist ähnlich stark. Durch seine Fähigkeit ist der Knight auf lange Sicht aber ungleich stärker. Man muss noch nicht einmal unbedingt besondere Länder wie Maze of Ith oder Wasteland spielen. Die Kreatur selbst zu pumpen und dabei auch noch manabeschleunigend zu wirken, ist für drei Mana schon gut genug. So kann man sich auch mal ohne Landdrop mit Knight in einen Zenit auf den nächsten Knight in der Manakurve hocharbeiten.


Zwar bin ich ein langjähriger Freund von Tarmogoyf, aber nun musste auch ich einsehen, dass die berühmte Goyfmathematik („Wer mehr hat gewinnt“) der Knightmathematik gewichen war. Der Lhurgoyf ist nicht direkt schlechter geworden und man kann damit auch immer noch einer Menge Decks Probleme bereiten, aber wenn Goyfs und Knights aufeinandertreffen, gewinnt eben ganz klar derjenige mit mehr Knights. Aber ist das jetzt eine neue Erkenntnis? Nein, natürlich nicht. Neu ist, dass es inzwischen möglich ist, mehr Knights als Tarmogoyf zu spielen und dafür weder ausgelacht zu werden noch ständig zu verlieren. Angesichts dessen ist Rhox War Monk nun völlig aus der Mode gekommen.

Noch so ein Problem ist, dass Tarmogoyf einfach nichts machen kann, außer anzugreifen, zu blocken und sich unzähligen Methoden der Vernichtung hinzugeben. Das war in der Vergangenheit schon ein Argument dafür, warum die Future Sight-Rare nicht zu stark ist, nicht gebannt werden sollte. Der Grund, warum das Argument nun von der anderen Seite betrachtet wird, liegt an einem immer weiter ausfasernden Metagame. Es gibt „decks to beat“ im Legacy, aber es gibt eben auch das unüberschaubare Meer an „decks we just like to play“. Mit Knight of the Reliquary, der Länder sucht, und Green Sun's Zenith, der ebenjenen Knight, aber auch Artefakt- und Enchantmenthate (Qasali Pridemage und andere), Graveyardhate (Loaming Shaman und Scavenging Ooze), Counterhate (Vexing Shusher), Combohate (Gaddock Teeg) etc. suchen kann, ist man auf alles vorbereitet was einem an Decks entgegengeworfen wird.


Stoneforge Mystic und ihre Waffen


Eine weitere Hausnummer ist Batterskull. Auf dem Papier erscheint er unglaublich langsam und klobig. Selbst wenn man Stoneforge Mystic im zweiten Zug legt, kann man erst im vierten mit Batterskull zuschlagen. Warum solch ein Plan auch in Legacykontrolldecks seinen Platz findet, liegt nicht so sehr an der Offensivkraft von Batterskull, sondern an seiner Defensivkraft. Ab Zug 3 kann man jede Runde mit einem 4/4er blocken (und angreifen) und der Mystic ist ja auch noch zum Verfeuern da. Eine solide Quelle für Lebenspunkte war schon immer ein Traum für Kontrolldecks, aber bis jetzt waren die meisten Lebensspender schlicht zu schlecht. Bezeichnenderweise schafften Kitchen Finks hier manchmal gerade noch den Sprung in Kontrolldecks, auch eine Kreatur, auch relativ zäh.


Zu allem Überdruss stört es nur kurzfristig, wenn der Token einmal das Zeitliche segnet. Qasali Pridemage ist problematisch, wenn er früh kommt, aber später bindet er auch nur noch drei Mana. Sword of Feast and Famine ist da leichter abzustellen, jedoch jenseits vom Extraschaden, den man damit austeilt, wegen seiner Fähigkeiten brandgefährlich. Bei Sword of Body and Mind wurde ich für meinen Hinweis, dass Schutz vor Grün wirklich ziemlich gut ist, noch belächelt, heutzutage scheint das gesetzt zu sein. Enttappen und den Gegner abwerfen lassen sind ebenfalls Dinge, die die Kontrolldecks, aber auch die neuen Beatdowndecks mit ihren hohen Manakurven gerne sehen. Wieder fällt auf, dass das Schwert eigentlich sehr defensiv wirkt. Man kann Problemkreaturen wie Knights blocken, hat häufiger Countermana auf und löst Probleme proaktiv durch den Discard.

Ob gerade dieses Schwert in Aggro(kontroll)decks gesetzt sein sollte, ist eine ganz andere Frage. Wenn man sich ein Deck wie GW-Beatdown anschaut, finde ich Sword of Vengeance oder Basilisk Collar oftmals sinnvoller. Vor allem Letzteres stellt sicher, dass das ganze eigene Kleingetier auch in der Defensive gut ist. Umezawa's Jitte muss natürlich ebenfalls genannt werden. Im Moment hat man im Meta aber einfach das Mana für teureres Equipment und will gegen starke Kreaturen gerüstet sein. Dennoch ist eine Jitte zumindest im Sideboard nie verkehrt.


Misstep und andere Fehltritte


Mental Misstep ist im Grunde für viele Metagameveränderungen verantwortlich, auch wenn die tatsächliche Wirkung der Karte wesentlich geringer ausfällt als der gefühlte Effekt. Misstep und Spell Snare bilden das perfekte Duo, um die ersten Züge unter Kontrolle zu halten. Will man sich also nicht alles wegcountern lassen, muss die Kurve höher gesetzt werden, womit wir wieder bei Green Sun's Zenith und Knight of the Reliquary wären. Counterbalance scheint angesichts dieser Entwicklungen auch eher schlecht als recht zu funktionieren. Gegen Spell Snare und frühen Druck will man selber Misstep spielen, ebenso man braucht allerdings starke Dreier- und Viererslots. Ein Deck mit der richtigen Balancekurve und dem richtigen Kartenmix zu bauen, erweist sich als ziemlich schwierig. Selbst Force of Will wird nicht mehr überall benötigt. Da mittlerweile auch nichtblaue Decks über viele Möglichkeiten verfügen, direkt oder indirekt (zum Beispiel durch Aven Mindcensor) Kartenvorteil zu erzielen, ist Kartennachteil zunehmend problematischer. Ganz ohne Force of Will möchte man dann aber auch nicht dastehen und so gelange ich in letzter Zeit immer häufiger zu Listen, die die vierte Force ins Sideboard auslagern. Das macht vor allem vor dem Hintergrund der Pitchkartenverfügbarkeit Sinn. Es gibt im Moment dermaßen viele gute nichtblaue Karten, die man spielen möchte, dass man ein Playset Forces oft gar nicht mehr so gut unterstützen kann.


Letzter Counter im Bunde ist Daze, das nun besser ist als es ohnehin schon immer war. Nicht nur sind die Durchschnittskosten von gespielten Karten gestiegen, sondern Daze ist auch immun gegen Mental Misstep und Spell Snare. Daze und Misstep geben eine gute Kombination ab, da man eine frühe Kreatur vor dem ersten Removal bewahren kann und den Gegner daran hindert, ebenso schnell ins Spiel zu kommen. So kann man einen Vorteil ins Midgame mitnehmen. Doch dann müssen auch von einem selber die dicken Klötze kommen, sonst gerät man schnell wieder ins Hintertreffen.

Mental Misstep ist also überall, was zu einem nicht unwesentlichen Teil auch daran liegt, dass die Karte die beste Waffe gegen Misstep selbst darstellt, die ja jeder andere spielt. Leider zeigt sich die Umsetzung anderer Lösungen nur zögerlich. Natural Order-RUG ist so ein Kandidat der selbst auf Misstep setzt, aber dank Rot eben auch Zugriff auf Red Elemental Blasts hat. Wer jetzt einwirft, dass man den ja missteppen kann, hat das Konzept der Misstepmathematik wohl nicht verstanden. Chalice of the Void hingegen sieht man eher selten. Warum eigentlich? Ein neues Aggroloam mit Playsets von Knight und Zenit würde Mental Misstep auch ohne liegende Chalice umgehen. Man selbst könnte wie früher gar kein Removal spielen, es über Burning Wish holen oder sich schwarzem Removal zuwenden. Gegen Decks wie GW-Maverick sollten Seismic Assault und Devastating Dreams nicht allzu schlecht sein und über Batterskull lacht das Deck der großen Kreaturen doch nur.

Auch aus Standard herübergeschwappt ist der Trend, viele Jace, the Mind Sculptor zu spielen. Manchmal ein ausgemachter Schwachsinn, wie ich finde. Wenn man UW-Kontrolle spielt, dann sollten nicht vier Jace, sondern nur zwei und zwei Elspeth, Knight-Errant im Deck sein. Viele haben anscheinend vergessen, wie gut die Planeswalkerin ist. Jace gewinnt Spiele, das ist unbestritten. Aber manchmal ist das ein ziemlich langer Krampf und manchmal zieht der Emojunge einem auch nichts. Elspeth verteidigt oder baut immensen Druck auf. Gerade jetzt, da Batterskull in Kontrolldecks zum Einsatz kommt, möchte ich damit gern für sieben fliegend vorbeikommen und ihn dann immer noch meine Elspeth verteidigen sehen. Außerdem kann man Elspeth gegen Jace legen und grinsen, anstatt Jace gegen Jace zu legen und beiden Spielern den Friedhof um eine Menge Euro reicher zu machen.


Removal, Removal und Removal


Trotz Mental Misstep hat sich am Removal nicht viel geändert. Die Alternative zu Lightning Bolt und Swords to Plowshares ist Go for the Throat, das aber wiederrum von Spell Snare erwischt werden kann. Deswegen diktieren, korrekterweise, weiterhin nur die möglichen Threats die Wahl des Removals und nicht die Counter. Burn hat hier nicht mehr so viel zu melden und kann immer nur in einem Deck gespielt werden, das auch noch hartes Removal spielt oder genügend Counter, wie Natural Order-RUG. Wo man früher noch mithilfe von Burn Goyfs abtauschen konnte, ist dies mit Knights auf dem Tisch nun viel schwieriger.

Interessant ist allerdings, dass nicht ingesamt mehr Removal gespielt wird. Vier Sprüche im Maindeck und weitere im Sideboard ist der Standard heutzutage, aber in Zeiten von Decks, die entweder Mental Misstep oder 20+ Kreaturen spielen, eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Hier ist auch Green Sun's Zenith zu nennen, der es viel leichter macht, die für den Gegner schlimmste Kreatur auf den Tisch zu bekommen, da man eben die Kreatur selbst und den Zenit im Deck hat. Die Chance, einen seiner vier Removalspells dafür zu ziehen, bleibt hingegen gleich. Massremoval klingt da verlockend, doch wo Firespout günstig genug, aber zu schwach ist, da ist Wrath of God stark genug, aber zu teuer oder unhandlich. Das liegt daran, dass Kreaturendecks eben beschleunigen, sei es mit Noble Hierarch oder Aether Vial, und Kontrolldecks dies nicht tun. Desweiteren spielt Kontrolle ja nun selbst Batterskull als elementaren Bestandteil. Lässt sich alles ohne Kartennachteil einfädeln, bis man jedoch einmal soweit ist, hat der Gegner schon wieder den Tisch vollgehustet. Früher war nach einem Wrath erst mal Ruhe im Karton, außer bei Goblins. Heute herrscht so ein Überschuss an guten grünen Kreaturen und Merfolk-Lords, ist Batterskull so oft vertreten, dass ein Wrath of God für vier Mana auch nicht mehr besonders wirkt. Ähnlich verhält es sich mit Humility, die den Batterskull-Keim sogar noch auf 5/5 bringt.


Auch Kreaturenklau beißt sich am Legacyarsenal die Zähne aus. Vedalken Shackles nerven den Batterskull, aber sind mäßig gegen Knights, während es beim Sower of Temptation genau andersherum ist. Ich glaube der Schlüssel zu diesem Format liegt letztendlich nicht in den oben genannten Karten. Die spielt sowieso jeder in dem einen oder anderen Gerüst. Eher muss man seine Removalstrategie gründlich überdenken.

Was das proaktive Removal angeht, ist zuvorderst Discard zu nennen. Nach einem frühen Stoneforge Mystic einfach die gesuchte „Kreatur“ Batterskull abwerfen zu lassen, klappt sogar per Duress. Mit Inquisition of Kozilek geht das zwar leider nicht, doch die anderen wichtigen Karten erwischt sie noch regelmäßig genug und ist eine gute Ergänzung zu Duress oder Thoughtseize. Desweiteren ist Pithing Needle inzwischen so gut, dass man sie ohne Bedenken maindecken kann. Ja sicher, kein Removal, aber eine „removalähnliche Antwort“, um die deutsche Sprache mal maximal zu dehnen. Aether Vial, Knight of the Reliquary, Wasteland, Mishra's Factory, Stoneforge Mystic und Equipment oder Planeswalker sind eigentlich in jedem Deck. Die Frage ist nur, wie sehr man sich damit selbst im Weg steht.


Auf Swords to Plowshares und Path to Exile will ich hier gar nicht so sehr eingehen. Lediglich auf den Fakt möchte ich verweisen, dass die Arguemente für das eine oder andere gar nicht mehr so wichtig sind wie die Frage, ob man nicht eher vier plus zwei anstatt nur ein Playset von einem maindeckt. Worauf ich viel eher aufmerksam machen möchte, ist das hervorragende Removal aus der schwarzen Schatzkiste: Deathmark, Perish und mit Abstrichen Virtue's Ruin sehe ich quasi gar nicht im aktuellen Metagame vertreten, obwohl dieses doch gerade von grünen und weißen Kreaturen dominiert wird. Zudem kommt noch Vindicate hinzu, mit dem man mit gutem Timing eben auch Batterskull erwischt oder Sword of Feast and Famine zerstört. Dismember ist ein weiteres interessantes Removal in Schwarz, das bereits in Merfolklisten Einzug gefunden hat. Wo es also im Moment zwar Sinn ergibt, kein Rot zu spielen, würde ich empfehlen, wieder mehr auf Schwarz zu setzen.


Wie bereits zu Beginn angekündigt gab es heute keine Decklisten und auch nur wenige Andeutungen in diese Richtung. Kombodecks kann man ebenfalls schlecht anhand einzelner Karten besprechen. Versteht diesen Artikel bitte als eine erste grobe Einschätzung, die, soweit es meine Zeit erlaubt, demnächst durch konkretere Deckanalysen ergänzt wird. Bis dahin.




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