"Hallo und schöne Grüße aus dem kühlen Norden" übersende ich Euch auch im neuen Monat und heiße Euch wieder einmal herzlich willkommen in der wundersamen Welt der (zu Unrecht?) unbeachteten Extended Decks.
Diesen Monat wollen wir auf unserer Reise durch den verschlungenen Dschungel der Extended Landschaft einen kurzen Halt in der bei Tüftlern und Testern so beliebten Region der Combo Decks einlegen.
Jedem, der dort schon einmal vorbeigeschaut hat werden die Namen Mind's Desire, Balancing Tings oder auch CAL sicher etwas sagen, doch wie auf unser nun schon eine Weile andauernden Expedition üblich, wollen wir uns einmal mehr ein Stück abseits der ausgetreten Pfade bewegen. Der eine oder andere wird sich nun fragen: „Ist das nicht gefährlich und vielleicht weniger Erfolg versprechend?“ - Mag sein. „Ist es aber interessanter und eventuell sogar spannender?“ - Mit Sicherheit.
Also, jeder der den Mut aufbringt, mir ins Unbekannte zu folgen, der möge nun genau dies tun. Und schon geht's los mit dem ersten von insgesamt drei Decks. Manch ein Kartenveteran mag einen gewissen Wiedererkennungswert nicht leugnen können, wenn er seine Augen über die Deckliste des guten, alten Draco Explosion schweifen lässt und hier ist sie auch schon:
So weit, so gut, aber wie funktioniert dieser komische Kartenhaufen denn nun?
Hier also für jeden, der das Funktionsprinzip anhand der Liste noch nicht ergründen konnte, die Kurzbeschreibung:
Eigentlich macht das Deck nichts anderes, als mittels Top, Telling Time oder Scry Spells einen Draco oben auf die eigene Bibliothek zu legen und diesen mittels der Erratic Explosion auf den Gegner zu schleudern. Ist dies gelungen, braucht es nur noch weitere 4 läppische Damage, um den Gegenüber vollends zu rösten. Hat er dies mittels Fetch und Shock Lands noch nicht selbst erledigt, müssen wir halt mit einem Fire/Ice oder Magma Jet etwas nachhelfen. Auch eine weitere Explosion auf einen billigeren Spruch kann ab und zu Abhilfe bei einem allzu störrisch am eigenen Leben hängenden Gegner leisten.
Tja, nachdem wir nun alle wissen, wie das ganze funktioniert, wollen wir auch einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen und uns schlau machen, warum das alles (hoffentlich) so schön klappt. Zu diesem Zwecke nehmen wir die einzelnen Bestandteile des Decks noch einmal genauer unter die Lupe und kommen so zur Kartenbesprechung:
Draco, Erratic Explosion:
Wir spielen ein Combo Deck und dies ist unsere Combo. Wie schon erwähnt, zielt unsere Strategie darauf ab, einen zuvor oben auf die Libary gelegten Draco mit der Explosion zu erwischen und unserem Gegner so den Garaus zu machen. Hier wird auch gleich das größte Problem des Decks offenbar, an dem jedoch alle Combo Deck von A bis Z kranken und zwar: Wir wollen mit der Combo gewinnen und sind damit auf ihre einzelnen Bestandteile angewiesen. Sollte einer davon seinen Dienst nicht ordnungsgemäß versehen, wird es uns nur schwerlich gelingen, den Sieg davon zu tragen.
Also Obacht: Unter allen Umständen gilt es zu verhindern, das uns ein Combo Piece abhanden kommt, sei es durch eine Cranial Extraction, Hand Destruction oder Counter. Um derlei Ungemach von uns abzuwenden, spielen wir selbst eifrig Countermagie und machen unserem Gegner bei Bedarf das Leben so schwer, wie möglich. Den einen oder anderen Threat können wir schon mal passieren lassen, sollte sich ein baldiger Sieg unsererseits abzeichnen. Die fehlenden 4 Schaden zusammenzukratzen sollte sich in Zeiten von Fetch und Shock Ländern nicht als allzu schwierig erweisen, sollte es allerdings doch einmal eng werden, sollten diese beiden Gesellen schnelle Abhilfe schaffen:
Fire/Ice, Magma Jet:
Bei nur einem einzigen Shock Dual auf der anderen Tischsite genügt bereits einer dieser Spells, um dem Gegner die Tränen in die Augen zu treiben, einen explodierten Draco natürlich vorausgesetzt. Magma Jet verfügt zudem über die äußerst willkommene Scry Fähigkeit, die es uns erlaubt, unseren Draco punktgenau auf unserer Bibliothek zu platzieren oder eine dringend benötigte Explosion schneller herbeizuschaffen. Im Idealfall gelingt sogar beides. Das Fire/Ice ist neben den 2 wichtigen Damage auch schon mal zum Kartenziehen gut oder tappt dem Gegner am Ende seines Zuges für uns hinderliches Counter Mana, um den Weg für die entscheidende Explosion zu ebnen. Zudem sind beide Karten natürlich hervorragend geeignet, um uns lästige Critter vom Leib zu halten, zumindest so lange, bis sich die Lebenspunkte ihres Beherrschers auf Null reduziert haben.
Telling Time, Serum Visions, Sensei's Divining Top:
Natürlich wollen wir unsere Combo nicht erst Turn 24 durchbringen, sondern lieber bevor das Viehzeug des Gegners uns bei lebendigem Leibe verspeist hat. Also ziehen wir eifrig Karten, stets in der Hoffnung, unsere beiden Schlüsselkarten schnellstmöglich aus dem Hut (bzw. aus dem Deck) zu zaubern. Dabei zollen wir der besonderen Beschaffenheit unserer Combo insofern Tribut, als dass wir uns ausschließlich auf Carddraw verlassen, der es uns auch erlaubt, einen eventuell entdeckten Draco oben auf unseren Kartenstapel zu verbringen, von wo aus wir ihn bequem in Richtung unseres Gegners schleudern können.
Condescend, Mana Leak, Force Spike:
Counter im blauen Deck. So, so. Den bewusst alternativen Pfaden folgend, auf denen wir innerhalb dieser Artikelreihe wandeln, wollen wir dieses höchst ungewöhnliche Experiment einfach einmal wagen und unser blaues Deck abseits allen so verhassten Mainstreams mit dieser sonderbaren Form der Abwehrmagie ausstatten. Na ja, mal im Ernst: Wer will in einem Deck, dass durch eine einzelne Extraction zur nutzlosen Pappansammlung verkommt, auf Countermagie verzichten? Wir jedenfalls nicht und so schaffen es diese drei Defensiv-Spezialisten ins Deck. Condescend verfügt zudem über Scry, was uns wie schon zuvor erwähnt, immer ein herzlich willkommener Gast ist.
Chrome Mox, Länder:
Sind eigentlich selbsterklärend. Den Mox spielen wir, da er unsere Combo beschleunigt und schon Turn 1 Telling Time, Mana Leak, Condescend und Co. ermöglicht und wir im Angesicht des sicheren Sieges schon mal eine überflüssige Karte einprägen können, da wir ohnehin nicht wirklich aufs Lategame hinarbeiten, sondern lieber zügig zum Abschluss kommen wollen. Zudem arbeiten die Foothills blendend mit dem Top zusammen, wobei man natürlich auch jedes andere Fetchland benutzen kann, solange es uns nur einen Mountain oder ein Island sucht.
Sideboard:
Annul und Shattering Spree sind gegen Affinity unverzichtbar und auch gegen Boros Deck Wins und Konsorten wollen wir nicht mit leeren Händen dastehen. So schafft das Pyroclasm den Sprung auf die Ersatzbank und auch der Starstorm hat schon das eine oder andere Kleinvieh gegrillt. Zudem ist er ein Instant und deswegen besonders gegen plötzlich erscheinende Token (Decree, Meloku) eine üble Überraschung. Ein Isochron Scepter oder Confinement sind echte Ansagen gegen uns und da wir leider auf Enchantment Removal verzichten müssen, greifen wir auf Echoing Truth zurück, die uns die eine Runde, die wir zum Siegen benötigen, erkaufen soll. Zu guter Letzt springen noch 2 Meloku mit ins Boot, denn eine alternative Win-Condition kann nie schaden und so richtig schlecht ist der legendäre Mondmann ja nun auch wieder nicht.
Matchups:
Nachdem das Grundlegende nun geklärt wäre, will ich noch schnell auf die einzelnen Matchups eingehen, denn schließlich wollen wir auch wissen, wie wir gegen die jeweiligen Gegner dastehen und ob wir unser Sideboard bei gehäuftem Auftreten unserer Hass Matchups vielleicht etwas mehr gegen eben diese tunen müssen, um unsere Chancen zu verbessern.
Boros Deck Wins:
Im Normalfall sollten wir eher schneller sein, als das Kleingetier unseres Gegenüber, doch ist wie immer Vorsicht angebracht, sollte der Gildenmagier zu viel Land Destruction aus dem Ärmel zaubern. (Sollten die Stone Rains und Co. aber wirklich aus dem Ärmel und nicht aus dem Deck unseres Gegners stammen, rufen wir vielleicht doch besser den Judge.) In diesem Matchup ist besonders angenehm, dass sich der Boros Krieger die 4 berühmten fehlenden Damage eigentlich immer selbst zufügt und uns unser feuriges Werk somit sehr erleichtert.
Atog:
Der Mann kann countern und hat zudem Discard parat. Weiß er im ersten Spiel noch nichts von unserer revolutionären Strategie, kann er schon mal in die Falle tappen und sich die blau-schwarzen Finger verbrennen, doch von da an wird meist ziemlich schwierig sein, ihn noch einmal auf die gleiche Weise dranzukriegen und da unser Deck ohne Explosion auch nicht gerade das druckvollste ist, stehen unsere Chancen leider eher schlecht.
Rock/Aggro Rock:
Discard ist unangenehm, kann aber durch geschicktes Scryen umgangen werden und so sollten wir schon mal das ein oder andere Match für uns entscheiden können. Hier gilt es, um jeden Preis die gefürchtete Extraction zu verhindern, aber das versteht sich ja eigentlich von selbst. Da wir im Maindeck über keinerlei Kreaturen verfügen (Ja, ja. Wir haben Draco im Deck, ich weiß…) und unser Gegner aller Wahrscheinlichkeit nach sein Removal im Board verstauben lässt, kann in Game 2 auch ein Meloku unsererseits für ein böses Erwachen beim Gegner sorgen.
Friggorid:
Im Grunde ist unser Deck recht schnell, aber meist ist Friggorid einfach schneller, besonders, wenn es uns Turn 1-2 doppelt therapieren kann. Pyroclasm aus dem Board bringt und etwas Zeit, ist aber nicht wirklich effektiv, wobei Starstorm und besonders Echoing Truth wesentlich mehr Schaden beim Gegner anrichten und uns somit wertvolle Zeit erkaufen. Im ersten Spiel sieht's aber ziemlich düster aus und so wird dieses Matchup nicht gerade zu unserem Liebling.
Mind's Desire, CAL, Balancing Tings:
Aha, die Konkurrenz im Combo Sektor. Wir haben Counter, die auch, wenn auch nicht so zahlreich. Unsere Combo kostet nur 3 Mana, die der anderen mehr. Wir können im Idealfall Turn 2 killen, die anderen nicht. Hier scheint also alles für uns zu sprechen, doch Obacht! In all diesen Matchups gilt es, sinnvoll mit den eigenen Countern hauszuhalten, um dem Gegner nicht doch noch ins offene Messer zu laufen. Aber alles in allem sieht's hier doch schon ganz angenehm für uns aus.
Affinity:
Abgesehen vom unglaublichen Affinity Traumstart (der aber leider von Zeit zu Zeit immer wieder mal vorkommt) sollten wir hier die Oberhand behalten, denn der Gegner kann unsere Combo nicht wirklich unterbrechen und muss somit versuchen, zu gewinnen, bevor wir ihn im Sack haben. Da wir aber doch recht zügig unterwegs sind, sollte ihm die sehr schwer fallen und auch unser Sideboard erweist sich mit Pyroclasm, Shattering Spree und Annul nicht als vollkommen nutzlos. Leider wird sich der Artefakt-Magier kaum einmal selbst Schaden zufügen und so müssen wir uns wohl oder übel die eigenen Finger schmutzig machen, was dummerweise wieder eine Runde verschlingt, die der Gegner durchaus schon mal zum Gewinnen nutzen kann.
Alles in Allem lässt sich sagen, dass Draco Explosion auch nach dem schmerzlichem Wegfall des Enlightened Tutors immer noch ein durchaus spielbares Deck bleibt und besonders durch seinen Rouge Vorteil für einige Siege und lange Gesichter auf der gegenüberliegenden Tischseite sorgen kann. Zudem macht es noch immer viel Spaß, mit dem Deck zu zocken und vielleicht wird manch einer nach der Lektüre dieses Artikels seine guten 16 Mana Drachen wieder hervorkramen und zum Duell rüsten.
Doch wer glaubt, er müsste sich heute mit einer mageren Deckidee begnügen, liegt glücklicherweise meilenweit daneben. Gewissermaßen als kleine Dreingabe will ich nun zwei weitere Vertreter der vielfältigen Combo Riege vorstellen, wobei ich mich dabei aber auf eine Deckliste mit anschließender kurzer Besprechung beschränken will, da die Funktionsweise dieses illustren Duos nach kurzem Überfliegen der Listen doch recht schnell offenbar wird. Auch auf die Matchups will ich nicht im Einzelnen eingehen, da die Decks bis auf die Combo Pieces selbst meist kaum festgelegt sind, sich also beinahe beliebig auf ein bestimmtes Meta hin tunen lassen. Abgesehen davon handelt es sich bei allen vorgestellten Listen nur um allgemeine Beispiele. Das Tunen und Herumtüfteln überlasse ich jedem Leser selbst, hier soll lediglich der eine oder andere Denkanstoß gegeben werden.
Also, los geht's mit Nr.2:
KCI also. Aufmerksame Beobachter des Mirrodin Block Constructed werden das Deck sicher wieder erkennen und so viel hat sich seit damals auch nicht geändert. Ob man nun diese Beispielversion oder eine der zahlreichen mit Cunning Wishes uns Co. ausgestatteten bevorzugt, soll hier gar nicht weiter diskutiert werden. Entscheidend ist allein, dass all diese Spielarten die gleiche Win Strategie verfolgen, nämlich möglichst schnell viele Artefakte zu legen, welche vorzugsweise auch noch Mana erzeugen und diese dann in die Krark-Clan Ironworks zu opfern. Mit dem so gewonnenen Mana lässt sich dann allerlei Schindluder treiben, wir zum Beispiel einen Myr Incubator zu legen und zu zünden, um den Gegner in der Folge mit unzähligen Myr Token zu überrennen oder einfach sämtliche Länder aus dem eigenen Deck zu entfernen und dann einen Goblin Charbelcher auf den Gegner zu feuern. Auch ein beliebiger X-Schadensspruch oder die Goblin Cannon werden gern als finale Manaverwerter verwendet.
Woran das Deck aber hauptsächlich krankt, ist seine extrem hohe Anfälligkeit gegen Counter und Extractions. In einem Meta hingegen, in dem Countermagie nur sporadisch oder sogar gar nicht relevant ist, sollte KCI hingegen eine gute Wahl darstellen, doch in Zeiten von Shattering Spree und ähnlichem Unbill kann einem der Spaß an diesem Deck vielleicht doch schneller vergehen, als einem lieb ist.
Uns schon geht es in Windeseile weiter mit Deck Nr. 3:
Hier wird's dann schon ein wenig wunderlicher. Andererseits muss es einfach ein Deck geben, in dem der Leveler etwas taugt. Für alle, die sich immer noch wundern, was diese Liste wohl für ein kryptisches Geheimnis bergen mag, hier die Erklärung:
Nachdem wir das Endless Wispers auf dem Tisch haben, legen wir den Leveler hinterher. Nun ist unsere Bibliothek zwar weg und im nächsten Upkeep sind wir geliefert, aber natürlich nicht, falls wir unseren Gegner noch vor uns in die ewigen Jagdgründe schicken. Zu diesem Zwecke schenken wir ihm unseren mächtigen 10/10er (Nett von uns, nicht wahr?), indem wir ihn auf unseren Graveyard befördern. Dies geschieht wahlweise mit einer Cabal Therapy, einem Putrefy, der Dimir House Guard (die mit Transmute für 4 jedes Combo Piece aus dem Deck suchen kann), oder einem per Living Wish gesuchten Carrion Feeder. Hat der Gegner unseren Leveler erst einmal am Hals, verflüchtigt auch seine Libary recht zügig und da er vor uns in den Upkeep geht und eine Karte ziehen muss, ist er auch er es, der als erster in den A**** gekniffen ist. Tja, so spielt das Leben und wir gewinnen ohne Karten in der eigenen Bibliothek.
Natürlich ist auch dieses Deck anfällig gegen jede Art von Countermagie, was wir zum Glück durch vehementen Einsatz von Hand zerstörenden Spells kompensieren können. Wem das alles noch zu unsicher ist, der kann das Deck ja einmal in einer blauen Variante testen, um mehr Carddraw und Counter hinzufügen zu können, aber jedwede Variantenbildung soll hier einem jeden selbst überlassen bleiben.
Also, viel Spaß beim Tüfteln und Testen wünsche ich Euch einmal mehr, danke fürs Lesen und möge Euch das Kartenglück nie verlassen.
Bis zum nächsten Mal…
Euer Fieldy.
|
|