|
Hallo und herzlich willkommen im neuen Jahr, zu den Nachwehen der Weltmeisterschaft und endlich auch zur ersten der versprochenen Deckbesprechungen. Heute widmen wir uns einem der wohl frischesten und interessantesten Kartenhaufen, die es auf den Worlds zu bewundern gab, dem so genannten Sunny Side Up.
Da das Deck noch relativ neu ist und einen etwas undurchsichtigen Gewinnplan verfolgt, erkennt vielleicht noch nicht jeder diesen allein durch die Lektüre der Liste. Hier kommt sie dennoch, also schaut genau hin:
Na, alles klar? (Oder etwa doch nicht?) Aber keine Sorge: Hinter diesem verwirrenden Kartengetümmel steckt durchaus Methode. Aber besehen wir und das Ganze doch einmal etwas genauer!
Zu allererst fallen die vielen Artefakte ins Auge, die allesamt eine Gemeinsamkeit teilen: Opfert man sie, springt neben einen netten Effekt auch noch eine Karte dabei heraus. Dabei helfen sowohl Chromatic Sphere und Chromatic Star als auch die Odyssey-Eggs zusätzlich bei der Sicherung unserer Manabasis und die Spellbomb spuckt nicht nur auf Kommando eine Karte aus, sondern schockt bei Bedarf auch noch fleißig in der Gegend herum.
Der eigentlich recht unscheinbare Effekt der Conjurer's Bauble rückt in diesem Deck in den Mittelpunkt, da er einen wichtigen Teil des Siegplanes darstellt. Auch die restlichen Karten in der Liste gewähren dem Besitzer beim Opfern einen einmaligen Bonus und kreisen somit um dasselbe Thema. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, das wäre Absicht…
Wo Cephalid Coliseum und Ghost Quarter noch mit handelsüblichen Effekten daherkommen, wird es beim Archeological Dig schon etwas exotischer. Ein Mana unserer Wahl ist zwar ganz nett, aber dass wir das Land dafür gleich opfern sollen, dann doch etwas happig. Doch wie sich noch herausstellen wird, mutiert dieser scheinbare Nachteil in diesem Deck zum höchstwillkommenen Vorteil.
Ein geopferter Lotus Bloom erzeugt sogar erfreuliche drei Mana, deren Farbe wir auch noch frei wählen dürfen. Nicht schlecht und im Friedhof landet er dabei auch noch. Um das lästige Suspend zu umgehen, suchen wir unseren Beinahe-Lotus idealerweise mit einem Reshape plus geopfertem Chromatic Star aus der Library und machen dabei sogar noch ein ganzes Mana Gewinn. Denn das Reshape kostet natürlich nur zwei Mana, wenn man nach dem drei Mana machenden Artefakt sucht. Reshape bietet außerdem Zugriff auf unsere anderen opferwilligen Artefakte und ist somit beinahe universell einsetzbar. Cunning Wish, Orim's Chant und Mystical Teachings bieten höchstmögliche Flexibilität und das Brain Freeze im Sideboard deutet bereits auf „stürmische“ Gewinnabsichten hin.
Kommen wir nun aber zum Kernstück und zugleich einer der namensgebenden Karte des Decks: Second Sunrise. Dieser erlaubt es uns, alle in diesem Zug auf den Friedhof gelegten Permanents wieder ins Spiel zu bringen, also unseren Lotus zweimal zu benutzen, mit den Ein-Mana-Artefakten fleißig Karten zu ziehen und unsere Saclands doppelt zu opfern. Soweit, so gut, aber wie gewinnen wir denn nun? Eine berechtigte Frage, auf die es gleich drei Antworten gibt.
Win Condition #1:
Wir spielen so viele Sprüche wie nur irgend möglich, ziehen uns mittels Second Sunrise und Eiern durch die Bibliothek, vermehren unser Mana mit Lotus Bloom, spielen auch die nachgezogenen Spells und bringen irgendwann Pyrite Spellbomb immer wieder, um sie immer wieder zu opfern. Conjurer's Bauble gibt uns dabei immer wieder Zugriff auf Second Sunrise, den wir dann mit den Eggs aus der Bibliothek ziehen. Euch ist nicht klar, wie das gehen soll? Die zweite win condition beruht ebenfalls darauf:
Win Condition #2:
Ist die Spellbomb aus irgendeinem Grund mal ausgeschaltet, sollte folgende Ereignisabfolge den Weg in Richtung Sieg ebenfalls recht zuverlässig ebnen. Auch hier häufen wir möglichst viel Lotus-Bloom-Mana an und ziehen fleißig Karten, im Idealfall unsere gesamte Bibliothek. Unser so gezogener Orim's Chant bewahrt uns davor, dass der Gegner uns während der Kombo ins Handwerk pfuscht und diese gestaltet sich wie folgt:
Ist die Library erst leer, legen wir mittels geopferter Conjurer's Bauble ein Second Sunrise unter selbige (was in diesem Fall auch obendrauf bedeutet) und ziehen diesen sogleich. Ein geopferter Lotus stellt das Mana für den Sunrise bereit und da sowohl er als die Bauble in diesem Zug in den Friedhof gewandert sind, kommen sie nach gezocktem Sonnenaufgang auch gleich wieder ins Spiel zurück. Der aufmerksame Beobachter wird schnell feststellen, dass sich dieses Spielchen beliebig oft wiederholen lässt. Oder aber wir haben einen weiteren Lotus oder ein Archological Dig im Spiel. Diese beiden Karten vermehren unser Mana durch schlichtes Opfern und kehren bei jedem neuen Sonnenaufgang wieder ins Spiel zurück, sodass wir mit ihrer Hilfe über eine beliebig große Manamenge verfügen können.
Gewonnen haben wir dadurch zwar auch noch nicht, aber zumindest können wir so beliebig viele Sunrises hintereinander spielen und dann mit Cunning Wish ein mit Sicherheit tödliches Brain Freeze heraufbeschwören. Aber einen dritten Ausweichplan haben wir natürlich auch noch in der Tasche und der sieht wie folgt aus…
Win Condition #3:
Wie wäre es damit: Wir opfern unser Cephalid Coliseum mit unserem Gegner als Ziel, bekommen es bei jedem Sunrise zurück und lassen unseren Gegner seine gesamte Library ziehen. Bleiben ihm keine Karten mehr übrig, ist der Sieg auch schon unser.
So. Nachdem wir nun wissen, wie wir gewinnen, wollen wir uns auch noch der Frage zuwenden, wie oft dieser höchst erfreuliche Fall denn wohl eintreten wird und gegen wen wir gute oder eher düstere Aussichten auf den erhofften Sieg haben. Wir werfen also einen Blick auf die Matchups, mit dem WM-Meta als Grundlage.
Boros Deck Wins:
Der am häufigsten zu erwartende Gegner stellt glücklicherweise auch eine der lösbaren Aufgaben dar. Alles andere würde unser komplettes Deck auch ziemlich in Frage stellen, denn wer gegen die rot-weißen Fluten nicht bestehen kann, hat in Extended derzeit nichts zu lachen. Hier greift die alte Weisheit, die schon seit frühesten Magic-Tagen gilt: Kombo sollte gegen Aggro meist gute Karten haben, nur schnell genug muss es sein. Da diese Voraussetzung im Prinzip erfüllt ist und der Gegner unsere Kombo nicht unterbrechen kann, fürchten wir nur, dass wir die Kombo-Teile nicht rechtzeitig zusammenbekommen. In diesem Fall allerdings, das liegt in der Natur des Decks, werden wir auch gegen jeden anderen Gegner ziemlich alt aussehen. [Mit den post-Worlds Boros-Decks, die Gilded Light und/ oder Orim's Chant spielen, hat natürlich auch das Egg-Deck mehr Schwierigkeiten. –H.]
U/W Tron:
Hier wird es dank gegnerischen Countern schon wesentlich schwieriger, alle Combo-Pieces auf den Tisch zu bekommen und ein gecounterter Sunrise ist die Schreckensvision schlechthin, besonders, wenn wir gerade fast alle unsere Permanents geopfert haben. Das wird wohl unweigerlich zur Niederlage führen. Hier helfen nur geboardete Chants oder ein unvorsichtiger Gegner. Denn tappt unser Widersacher sich auch nur einmal aus oder ist dank vieler farbloser Länder screwed, rückt der Sieg doch noch in greifbare Nähe.
Mind's Desire:
Na toll! Das Kombo-Matchup. Nirgends ist der Münzwurf so wichtig wie hier, denn er kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Es gewinnt stets der Spieler, der seine Kombo schneller durchbringt. (Eine Wahnsinnserkenntnis, nicht wahr?) Wer zu lange braucht, die nötigen Teile herbeizuschaffen, screwed ist oder einen Fehler macht, verliert mit Sicherheit und darf sich vor Wut in den Allerwertesten beißen. Ansonsten kann man aber leider auch einfach mal durch schlichtes Pech verlieren und so lernen wir dieses Matchup je nachdem, wie sehr Fortuna uns gewogen ist, entweder lieben oder hassen.
Goblins:
Die roten Fluten sind verdammt schnell und können uns schon mal in arge Bedrängnis bringen. (Vor allem, wenn der Dirty-Kitty-Spieler seine Kombo zügig auf den Tisch bekommt.) Normalerweise sollten wir aber die Oberhand behalten, denn auch dieser Gegner kann unsere Kombo kaum unterbindenund so fürchten wir im Grunde nur diejenigen Gegner, die ihrem Dirty Kitty massiven Discard ins Board gepackt haben.
An dieser Stelle sei ein kleiner Einschub erlaubt, denn dank der schieren Masse an Decks würde eine detailieter Matchupanalyse des restlichen Metas nicht nur jeden Rahmen sprengen, sondern auch sehr schnell langweilig werden. Also wird der selten vertretene Rest in bester stiefmütterlicher Manier mit wenigen Worten abgespeist. Jedem, der von nicht ausreichend beantworteten Fragen geplagt wird, seien die Comments als Forum für seine Hilferufe ans Herz gelegt (nach dem Motto: Bei mir im Expert Store spielen alle immer nur langweilig Tooth and Nail, was kann ich tun?). Diese Verfahrensweise soll zumindest, bis das Meta einigermaßen eingefahren ist, auch bei den folgenden Teilen der WM-Nachbesprechung zur Anwendung kommen, also schreibt eure Meinung dazu ruhig in die Comments.
Rock (mit Gifts oder mit Destructive Flow):
Glücklicherweise müssen wir hier weder Counter noch übermäßige Geschwindigkeit fürchten. Leider vermiest der doch zuweilen recht heftige Discard-Anteil dieser Decks die Stimmung, doch insgesamt sollen wir in etwa ausgeglichene Chancen vorfinden.
Affinity:
Wer hier nicht gewinnt, ist selber schuld. Keine Counter, wenn überhaupt dann sehr wenig Discard und nicht gerade das konsistenteste Deck. Der gefürchtete rasante Start kann uns schon mal zu schaffen machen, aber letztlich sollten wir dennoch einen ordentlichen Teil der Duelle für uns entscheiden können.
Scepter Chant:
Hier sieht die Sache schon wieder anders aus. Liegt das Scepter mit dem Chant darin, können wir quasi einpacken, aber auch sonst ist das Matchup kein Zuckerschlecken und mehr als ein Drittel der Spiele werden wir kaum auf der Habenseite verbuchen können.
Tog:
Herzlichen Glückwunsch. Sie haben verloren. Counter, Discard und meist große Flexibilität dank Wishes sind kaum zu packen. Wenn's dann doch mal klappt, dann gehen meist die beiden anderen Spiele in die Hose.
Zoo:
Typisches Aggro-Matchup. Wen wir nicht allzu lahm zu Werke gehen, sollten wir gewinnen, zumal auch hier der Gegner weder über Discard noch über Counter verfügt.
Balancing Tings:
Hier haben wir das Sideboard schon im Maindeck, denn ein Sunrise an der richtigen Stelle kann das Blatt schnell zu unseren Gunsten wenden. Aber auch ansonsten bereitet uns dieser Gegner keine wirklichen Kopfschmerzen.
Trinket Angels:
Kommen wir um die wenigen Counter herum, sieht es auch hier recht gut aus, denn im Normalfall sind wir für dieses Deck einfach eine Nummer zu schnell.
Friggorid:
Ist kaum zu schaffen, besonders wenn der Gegner schnell merkt, mit welchem Deck er es zu tun hat und somit gleich die erste Therapy sitzt. Aber auch im günstigsten Fall sehen wir eher schwarz und hoffen, dass beim Gegner irgendetwas schief läuft. Sonst wird das nämlich eher nichts mit dem Sieg.
Aggro Loam:
Die einzige Karte, die uns hier richtig genervt hätte (Solitary Confinement) ist nicht mehr mit von der Partie und auch in punkto Geschwindigkeit sind wir haushoch überlegen, so dass wir zuversichtlich auf dieses Matchup blicken.
So. Ich hoffe, das Ganze ist nicht allzu kurz ausgefallen und wem noch dringliche Fragen unter den Nägeln brennen oder wer einen Verbesserungsvorschlag auf Lager hat, der ist herzlich dazu eingeladen, seine Meinung in den Comments kundzutun. Ansonsten soll es das hiermit auch schon gewesen sein. Wer das Magic-Jahr mit einen erfrischend neuen Deck beginnen will, der kann den Nachbau gerne wagen und sich mit diesem anspruchsvollen und witzig zu spielenden Haufen auf nächste Turnier wagen.
Abschließend hoffe ich natürlich, Ihr seid gut in die neuen zwölf Monate gerutscht und wünsche Euch ein erfolgreiches Jahr, viel Spaß und immer die richtige Karte auf der Library.
Bis dann…
Euer Fieldy
|
|
[ drucken ] |
Weitere Artikel/Berichte von Berthold Klingbeil
|
|
|