Standard Die Sache mit dem Badeanzug von Arne Fricke |
07.05.2009 |
Ich hatte seit längerer Zeit wenig Magic und überhaupt kein Standard mehr gespielt und mich auch recht wenig damit befasst. Aber bei mir ist es wie bei bestimmt vielen anderen: Wenn man einmal angefangen hat, sich mit einem Format zu befassen, also sich Decklisten anzuschauen, zu verschlimmbessern und dabei Karten kennenzulernen, ist man schnell wieder drin. So war es auch diesmal. Ich sah den Livestream der Pro-Tour-Top-8, die Nassif für sich entscheiden konnte (angeschaut habe ich es mir natürlich wegen Jan Ruess) und wollte zunächst nur ein paar Testspiele mit einigen der Top-8-Decks machen, aber kurze Zeit später war ich dabei, mich mit dem Metagame und dem Deckbau zu befassen.
Mir fiel auf, dass das Standardformat dominiert war von zwei Dingen:
Zunächst einmal davon, Kartenvorteil zu erringen. Via Reveillark, Ranger of Eos, Mulldrifter, Esper Charm oder Cruel Ultimatum gab es in den Top 8 viele Möglichkeiten viel Kartenvorteil zu produzieren, aber gleichzeitig waren die Decks doch sehr langsam. Dies führte dann kurz nach der PT dazu, dass Karten wie einzelne Banefire in Kontrolllisten auftauchten, denn im Controlmirror gewinnt bekannterweise meistens das langsamere, klobigere Deck mit den höheren Manakosten. Wenn so etwas passiert, ist im Metagame etwas falsch, und wenn das Format von der Kartenqualität her ausbalanciert ist, kann man auch etwas dagegen tun und sich diesen Umstand zunutze machen. Ich wollte kein Deck spielen, welches dieses Wettrennen mitgeht. Denn das mag zwar im Mirror gewinnen, aber eine Karte wie Banefire ist kaum mehr als ein Mulligan, wenn man sie gegen ein Aggrodeck zieht. Außerdem würde es Draws produzieren und mich langweilen. Ich wollte also etwas spielen, das diese Klobigkeit bestraft. Denn bis auf Reveillark bringt keine der genannten Karten den Vorteil auch direkt aufs Board. Mulldrifter ist zunächst einmal nur ein völlig überteuerter Flieger und auch das Cruel Ultimatum ist nur ein Cruel Edict mit etwas Lebenspunktegewinn, bis man wieder enttappen kann.
Die zweite Eigenart des Formats war offensichtlich die Vielzahl an Kreaturen mit geringer Toughness: Es gibt Spectral Procession, Bitterblossom, Faeries, Kithkin, Elfen und vieles mehr sowie dementsprechend viele Antworten auf diese Karten, hauptsächlich Volcanic Fallout. Spielt man also keine oder nur sehr wenige Kreaturen mit geringer Toughness, so kann man virtuellen Kartenvorteil erzeugen.
Mein Deck sollte also klobige Decks bestrafen und dabei weitgehend immun gegen Volcanic Fallout sein. Zunächst versuchte ich mich an Monored Aggro mit Tattermunge Maniac und viel Burn. Gegen 5-Color-Control lief es auch tatsächlich ganz gut, aber gegen Boat Brew gab es nichts zu holen. Online spielte ich dann während des Testens zum ersten Mal gegen ein Deck, welches ich nicht kannte und welches mir nach der anfänglichen Abwehrreaktion gut gefiel. Es gewann über die mittlerweile recht bekannte Kombo aus Sanity Grinding und Twincast und so probierte ich ein wenig damit herum und holte damit zunächst etliche Siege.
Allerdings wurde mir schlagartig klar, dass ich dieses Konzept niemals auf ein Turnier tragen würde, als ich damit gegen Faeries spielen musste. Ich verlor nicht nur, im Nachhinein wusste ich sogar, dass ich niemals mit diesem Deck gegen Feen gewinnen würde. Denn beide Cliquen sind schmerzhaft und Sprites sind einfach nur dumm in ihrem 2-Mana-Hardcounter-aber-immun-gegen-Negate-Dasein. Dazu noch die acht normalen Counter im Maindeck und nach dem Boarden Thoughtseize und Negate, so dass die Chancen ein Sanity Grinding mit Twincast drauf zu resolven gegen null gehen. Da Feen aufgrund der hohen Kartenqualität immer eine solide Wahl sind, und das Grinding-Deck noch große Probleme gegen Aggrodecks hat, gab ich den Sanity Grinding-Plan auf, noch bevor der Artikel darüber auf PlanetMTG erschienen.
Ich suchte und bastelte weiter und irgendwann kam ich auf die Idee, ein Rampdeck mit Loxodon Warhammer zu versuchen. Die Liste sollte aggressiv sein, denn ansonsten würde einem der Manavorteil nichts nutzen oder man würde nur wieder ein Wettrüsten um den dicksten Threat eingehen, bei dem man gegen die blauen Karten ohnehin am kürzeren Hebel säße. Also sollte es auf keinen Fall ein Multicolordeck mit Ultimaten werden, sondern ein aggressiverer Build der den Gegner tothaut, während dieser Karten zieht.
Das Deck sollte einen Board-Advantage enwickeln, Druck aufbauen und diesen dann bis zum Sieg aufrechterhalten. Die bekannte Ramp-Basis mit Garruk Wildspeaker und Fertile Ground funktionierte, denn Garruk produziert 3/3er, die gut im Meta sind, und es gibt sehr wenig Landzerstörung und Bounce, so dass die Fertile Ground-Länder sicher sind.
Cloudthresher erwies sich im Testen als stärkste Kreatur, da er ein Spoiler gegen Spectral Procession und Feen ist und auch gegen Countermagie aufgrund von Flash hilft. Chameleon Colossus war als solider Beater, der mit Warhammer stupide ist, ebenso gesetzt. Zunächst spielte ich noch Troll Ascetic, dieser wurde aber schnell durch Kitchen Finks ersetzt. Mana zum Regenieren freizuhalten, war er nie wert, gegen Fallout waren Finks ohnehin besser, und wenn der Gegner den Troll mit dem weißen oder schwarzen Removal nicht anzielte, so richtete er das halt gegen den Cloudthresher. Und wenn der Gegner mit roten Karten auf meine Finks schießen will, so ist er dazu herzlich eingeladen.
Als Removal bot sich Shriekmaw oder Pyroclasm bzw. Volcanic Fallout an. Im Testen erwies sich der Shriekmaw als mindestens ebenbürtig und zudem bot Schwarz die um ein vielfaches besseren Sideboardkarten, so dass die zweite Farbe Schwarz wurde.
In einem so manaintensiven Deck spielte ich zunächst drei Loxodon Warhammer, merkte aber, dass ich den eigentlich immer haben wollte, also stockte ich auf vier auf. Denn der Hammer lässt die großen Kreaturen über Blocker hinwegtrampeln und wenn eine equippte Kreatur connectet, dann wird es sehr schwierig für den Gegner noch gegenzuracen. Selbt Kitchen Finks machen dann bereits einen Lifeswing von zwölf. Auch doppelte Hammer sind nicht nutzlos, denn rüstet man eine Kreatur mit zwei Hämmern aus, so hat man zweimal Lifelink, was ein Gegenracen des Gegners völlig aussichtlos macht.
Später dann kam Mosswort Bridge hinzu, die ich lange Zeit als Timmy-Karte angesehen hatte und gar nicht in Betracht zog, aber als ein Elfengegner mich damit besiegte, fiel mir auf, dass bei der Kreaturengröße des Decks die Bridge einfach gut sein muss.
Schließlich experimentierte ich lange Zeit mit einigen Spells herum, von Tower Above bis Snakeform, um dem Deck mehr Flexibilität zu geben, aber aufgrund des hohen Mana-Anteils sollten möglichst viele der Nichtmanakarten Threats sein. Hier schaffte Briarhorn Abhilfe. Es erwies sich als solide Kreatur, die regelmäßig sehr starke Spielzüge erlaubte, wie z.B. eine angreifende Figure of Destiny oder Doran zu töten, Kitchen Finks beim Angriff in Plumeveil zur Seite zu stehen oder Bridges richtig gestackt für zwei Mana quasi aus dem Nichts zu triggern. Acht Manlands spielte ich seit Langem, weil es logisch ist, und damit stand die Deckliste.
Die folgende Deckliste ist im Gegensatz zu der, mit der ich am 18. April beim National Qualifier antrat, bereits auf Alara Reborn umgestellt.
| | | | 3 Mosswort Bridge
4 Treetop Village
4 Forest
4 Mutavault
4 Llanowar Wastes
4 Twilight Mire
1 Swamp
4 Kitchen Finks
4 Cloudthresher
4 Chameleon Colossus
3 Briarhorn
2 Shriekmaw
4 Garruk Wildspeaker
4 Fertile Ground
3 Mind Stone
4 Loxodon Warhammer
3 Maelstrom Pulse
1 Rampant Growth
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4 Infest
3 Mind Shatter
2 Necrogenesis
3 Dusk Urchins
2 Terror
1 Shriekmaw
| —Diese und weitere Karten gibt's bei:
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Rampant Growth und Mind Stone sind gesplittet, da mit Rampant Growth und Swamp (auch für Path to Exile) 14 schwarze Manaquellen zur Verfügung stehen und das reicht, um sehr zuverlässig schwarzes Mana zu haben. Dennoch verlangen die Manakosten des Decks acht Beschleuniger und da die Farben gefixt sind, ist Mind Stone die beste Wahl. Denn genau wie Mosswort Bridge und die Manlands hat der Mindstone noch eine weitere Fähigkeit neben der Manaproduktion.
In Alara Reborn wurde Maelstrom Pulse gedruckt, der dem Deck etwas mehr Flexibilität verleiht. Derzeit spiele ich nur drei, da man wegen des hohen Mana-Anteils nicht zu wenig Threats spielen darf. Shriekmaw wird meistens für fünf Mana gecastet und ist daher seinen Slot noch immer wert.
Sideboard
Dusk Urchins: Gedacht als weiterer 3-Drop gegen die aggressiven Decks im Format, um schnell etwas legen zu können, das entweder einen Burnspell oder eine Kreatur zieht. Außerdem ist er sehr stark gegen alle Decks mit Wren Run's Vanquisher.
Infest: Meistgeboardetet Karte. Steht immer ganz kurz vorm Maindeck, aber bei einem so hohen Mana-Anteil sind potenziell tote Karten sehr riskant. Kann aber, wenn es das Metagame bedingt, auch gut im Maindeck gespielt werden.
Mind Shatter: Wenn man es schafft, den Kontrollgegner zum Austappen zu zwingen, ist das eine sehr starke Antwort.
Necrogenesis: Nur gegen das Problemmatchup Esperlark gedacht, um die Reveillark/Sower of Temptation-Rekursion zu unterbinden.
Terror: Auch ein Wackelslot. Hauptsächlich wegen Mistbind Clique im Sideboard. Kann aber auch gegen Naya Aggro und ähnliches sinnvoll sein. Da dieser Slot gegen Feen gedacht ist, kann man auch Guttural Response spielen, allerdings habe ich eine Abneigung gegen diese Karte.
Shriekmaw: Wenn er Ziele findet, dann ist er auch gut. Rundet die SB-Pläne gegen Boat Brew und Elves ab.
Matchups
Cruel Control: 60/40
Das Matchup ist wirklich gut. Man ist dank der Acceleration meistens auf dem Board vorne, hat schwierig zu beantwortende Threats sowie acht Manlands. Keiner der gegnerischen Spells ist so furchteinflößend wie für andere Decks, denn Volcanic Fallout trifft nicht viel, Broodmate Dragon baut keine großen Kreaturen und vom Ultimatum nimmt man selten genug Schaden, um nicht im direkten Gegenzug töten zu können.
Da man nach dem Boarden vermehrt mit Wrath of God rechnen muss, wäre es gut, den Gegner dafür mit Mind Shatter bestrafen zu können. Noch ein paar Maelstrom Pulse zu haben, ist auch sinnvoll, denn das 5CC-Deck könnte prinzipiell nahezu jedes Permanent im Format spielen, inklusive Pithing Needle.
Boat Brew: 55/45
Das Deck ist auch langsam und da man mehr Mana hat, kommt der Gegner oft nicht dazu, seinen Kartenvorteil aufs Board zu bringen. Allerdings ist das Matchup nicht so gut wie Cruel Control, denn mit Ajani Vengeant auf Fertile Ground-Land oder aktiven Windbrisk Heights kann Boat Brew durchaus gut dagegenhalten.
Faeries: 45/55
Problematisch, denn ein Race gewinnen meistens Faeries wegen Mistbind Clique und Cryptic Command. Sehr drawabhängig und würfelwurfabhängig, aber insgesamt in etwa ausgeglichen, vielleicht etwas schlechter. Natürlich ist Cloudthresher in diesem Matchup die beste Karte. Mit Ausrüsten des Warhammers bei offenem gegnerischen Mana sollte man vorsichtig sein, denn damit rennt man oft in den Terror und verliert Tempo. Infest boarde ich nicht, da es fast nie genug macht.
Blighning: 60/40
Ein angenehmes Matchup. Den Burnplan kann man mit Finks und Hammer zum Erliegen bringen und die eigenen Kreaturen haben überlegene Größe, so dass auch auf dem Boden nichts passiert. Die größte Gefahr droht durch Demigod of Revenge oder Figure of Destiny, aber die neueren Versionen mit dem Nonbasic-Hoser werden eher burnlastig sein und eventuell ihre Kurve schon bei drei beenden, so dass man nur den Anfangssturm überleben muss, während der Gegner gegen die überlegenen Kreaturen auf die „Philosophy of Fire“ zurückgreifen muss.
Anathemancer-Sligh:
Demigod-Version:
BW-Tokens: 50/50
Vor dem Boarden wäre es gut, zumindest einen Cloudthresher oder Pulse zu ziehen, um der Spielsteine von Spectral Procession und Bitterblossom Herr zu werden. Wenn der Gegner es schafft, Windbrisk Heights sehr früh zu aktivieren, dann wird es meistens schwierig, aber auch man selbst hat starke Threats: Chameleon Colossus hat zumindest gegen 50% des Decks Schutz und einen Loxodon Warhammer kann der B/W Spieler oftmals nicht racen. Vor dem Boarden ist man knapp hinten, aber nach dem Boarden wird es sehr viel besser, da man mit Infest einen wahren Spoiler dazuerhält.
Kithkin: 50/50
Ähnlich wie gegen BW-Tokens und zudem aus denselben Gründen ist in Game 1 der Kithkin-Spieler vorne, besonders wenn er anfängt. Kann man aber schnell ins Spiel kommen dank Kitchen Finks, eines frühen Shriekmaw auf Wizened Cenn oder eines guten Maelstrom Pulse, dann hat man oft Zeit, sich mit Warhammer zu stabilisieren. Auch dieses Matchup wird nach dem Boarden dank Infest deutlich besser, wodurch es insgesamt ausgeglichen ist.
Esper-Lark: 30/70
Kein schönes Matchup. Der Gegner hat mit Tidehollow Sculler, Sower of Temptation und Spotremoval eine Vielzahl von Möglichkeiten Fatties zu handlen.
Nach dem Boarden wird es etwas besser, aber nicht besser als ausgeglichen. Es bleibt zu hoffen, dass die zu erwartende Zunahme an Aggro durch Alara Reborn Esperlark zurückdrängen wird.
BG-Elves: 55/45
Insgesamt ein recht gutes Matchup, da man die größeren Kreaturen hat und mit vier Warhammern zudem einen echten Spoiler. Außerdem sind in diesem Matchup Garruk Wildspeaker und Chameleon Colossus sehr wichtig und auch von denen spielt man je vier. Die besten Karten des Gegners sind (wie immer bei BG-Elves) Profane Command als Stallbreaker und Wren Run's Vanquisher.
-Deutsche Meisterschaft 2009
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[Nächste Woche geht's weiter mit der Feuerprobe, dem erfolgreichen Praxistest des Decks beim National Qualifier in Hamburg.]
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